Deutschland Tour 2011/12

Zu Fuß durch Deutschland für ein Kinderlachen - 2011

 

* 1. Tag DEUTSCHLANDTOUR-TAGEBUCH / 2.04.2011 *
Strecke: Hattersheim --> Mainz-Mombach (26 km)
Dauer: 16:00 - 22:00 Uhr /
Google Maps 1. Etappe

 

Über mehrere Dinge war ich mir auf den letzten 1000, von insgesamt 26.000 Metern sicher:
1) Ich habe Freunde!
Sie sind zum Abschied da gewesen, gingen einen Teil des Weges mit mir, riefen an/fragten nach und nahmen mich warmherzig auf, als ich kurz vor dem Zusammenbrechen war. Nicht hoch genug einzuschätzen...
2) NATÜRLICH endet die Tour in Mainz. Diesen Rucksack 3.500 km quer durch Deutschland? Bist Du BEKLOPPT??
3) Mein Körper mutiert. Ich hab da Muskeln im Oberschenkel und den Füßen gespürt; ich schwöre, die waren am Vortag noch nicht da.
4) Ein Rucksack mit viel „Nichts“ drin, wird auf einer langen Strecke RICHTIG schwer!
Wir sind relativ spät losgekommen. Lies sich aber nicht anders regeln, auf der ersten Etappe. Ein schöner warmer Frühlingstag. Anfangs zu dritt, später zu zweit, zum Schluß alleine ging es Richtung Mainz. Es zog sich. Ich dachte oft an den Kurzfilm und an die Alternativen, durch Deutschland zu reisen. Aber nööö, der Herr muß ja zu Fuß gehen...
Durch das rechthaberische Wesen eines gesponsorten Wander-Navis (rechts herum! Hallo!?) wurden wir kreuz und quer durch die Walachei geführt. Hat aber immer gut gepasst. Wanderwege, ohne viel Verkehr. Gutes Gerät...
Noch ziemlich am Anfang kamen wir an einem Heidedei-Häußlebauer-Mehrfamilenhaus vorbei. Die Herren und Damen saßen beim Nachmittagskaffee und wunderten sich über den großen, vorbeiziehenden Rucksack, an dem ein Mann dran hing. „Wo wollen Sie denn hin?“ „Noch ein wenig weiter. Es geht zu Fuß durch Deutschland und das ist (leider erst) die erste Etappe. Schreiben Sie sich mal die Web-Adresse auf...“ Vielleicht sind die „Feuersteins“ ja der 1170ste Besucher auf der Deutschlandtour-Webseite gewesen. Man weiß es nicht. Caro hat sich wenig später verabschiedet, Andreas blieb dabei.
So langsam machte sich die ungewohnte Last bemerkbar. Ich habe einfach noch keine Erfahrung bzgl. Tragesystem und Gewichtsverteilung. Heute – Sonntag, 3.04.2011, 9:00 Uhr – rückblickend betrachtet, scheine ich es instinktiv ganz gut hingekriegt zu haben und relativ wenig über die Schultern getragen zu haben.

Und bin voller Begeisterung für den Rucksack von Bach. Klasse Qualität! Auch Schuhe und Trekking-Socken haben hervorragend gepaßt. Keine Reibstellen.
Mit zunehmender Dauer wurde ich ruhiger, achtete auf die Atmung und unbekannte Muskelgruppen in den Oberschenkeln machten auf sich aufmerksam. Und die km zogen sich wie Kaugummi. Sehr angenehm, daß Andreas bis fast zum Schluß dabei war, ohne viel zu reden.
In Mainz angekommen stellte sich heraus, daß „Mainz erreichen“ nicht gleich „Ziel erreichen“ bedeutet. Ich konnte nicht mehr. Auch hatte ich kein Gefühl dafür, ob ich gerade meinen Rücken und die Knie schädige. Es war kein Gefühl der Angst, wohl aber Wachsamkeit auf die Signale meines Körpers. Und das schwarze Männchen auf der rechten Schulter sagte: „He, Du Schmock. Laß doch einfach den Rucksack unauffällig von der Theodor-Heuss-Brücke in den Rhein plumpsen.“ Da gab es aber auch das weiße Männchen auf der linken Schulter, das sagte: „Einen Schritt noch. Der nächste, der nächste...“
Man darf nicht drüber nachdenken, daß es noch ungeheuerliche 5 km bis zum Ziel sind.
Unnötig zu erwähnen, daß auch das Navi pünktlich seinen Feierabend einzuläuten gedachte. Ca. 4 km vor dem Ziel war Schicht im Schacht. Ich hatte zwar einen Ersatz-Akku dabei, aber NATÜRLICH war dieser in den unergründlichen Tiefen meines 8m hohen und 5m breiten Rucksack-Ungetüms verborgen. Also Rucksack absetzen, öffnen, Sachen rausholen, Akku finden und einsetzen, Sachen wieder einräumen, Gabelstapler ordern, Rucksack anheben und aufsetzen, weiter gehen, weiter gehen, weiter gehen,...
Immer wieder hatte ich das Glücksbringer-Armband im Blick, das mir am Start geschenkt wurde. Hat sicherlich auch ein paar Restkräfte mobilisiert. Danke Dir, Yvonne.
Auf den letzten Metern, inkl. 2 Treppen bis in den 1. Stock, war ich um die 85 Jahre alt, hatte Atemprobleme, pulsierende Oberschenkel und den pochenden Gedanken im Kopf: „Wie zum Henker soll ich die Tour durch Deutschland packen???“
Tür auf, rein, Rucksack fallen lassen, Couch. Nicht bewegen.
Als Diana dann kam, gab es erstmal ein Frubiase-Gesöff und die Lebensgeister kehrten langsam zurück. Ich war nach ½ h sogar fähig zu duschen. War so nicht zu erwarten. Sollte es morgen doch weitergehen?
Während ich meine Sachen ausräumte, verewigte sich Diana mit sehr warmherzigen, freundschaftlichen Worten auf der 1. Seite des Gastgeber-Tagebuchs.
Schlafen.


* 2. Tag DEUTSCHLANDTOUR-TAGEBUCH / 3.04.2011 *
Strecke: Mainz --> Ingelheim (17km)
Dauer: 13:00 - 19:00 Uhr / Google Maps 2. Etappe

 

Nach gutem Schlaf und Kontrollcheck von Oberschenkel und Rücken, sah ich mich im Stande, die Tour wieder aufzunehmen. Der Rucksack war zwar schwer, aber ich war guter Hoffnung, daß das schon gehen würde. Der Anfang verlief auch ganz gut, das Wetter paßte. Auf geht's.
Die erste Launebremse kam etwa auf Höhe Uhlerborn. Nach einer Pause hatte ich den Eindruck, als ob noch ein paar Kilo dazu gekommen wären. Merde! Die restliche Strecke über mußte ich mich abwechselnd auf das Gewicht des Rucksacks und die Protestmeldungen von Oberschenkel und Rücken konzentrieren. Rhein und Gegend waren mir in dem Moment sch... egal. So richtig im Keller war die Stimmung dann, als 2 Dinge passierten:
1. Es fing an zu regnen (unnötig zu erwähnen, daß ich mein tolles Regencape niemals über mich, meinen Rucksack und die quer befestigte Luftmatratze hätte wuchten können).
2. Pünktlich da verabschiedete sich mein Navi-Akku in den Feierabend. Kein Problem, möchte man meinen. Ich lerne ja dazu und hatte den Ersatz-Akku in der Hosentasche platziert. Aber das Rucksackabsetzen, Akku austauschen, Rucksack wieder hochwuchten (keine Ahnung, wie das klappte) hat mich schwer angek...

Dann kam ich nach Ingelheim und wer war nicht dort, wo er hätte sein sollen? Genau, der angekündigte Campingplatz. Ich stand am Strandbad und ließ den Rucksack mit der festen Überzeugung auf eine Baumstumpf fallen, ihn keinen mm mehr bewegen zu können. Wo soll ich jetzt das Zelt aufbauen? Auf dem Sandstrand? Glücklicherweise fand sich doch ein kleines grünes Fleckchen und auch mein Zelt ließ sich leicht aufbauen. Ich mußte den Rucksack auf dem Baumstumpf ausräumen, weil ich ihn nicht mehr heben konnte (da war auch die Enttäuschung ein gutes Stück kräfteraubend). Als alles im Zelt war, sollte mein knurrender Magen gefüllt werden. Und so lernte ich IHN kennen. Den Erfinder des standardisierten Breitbeinsitzes passend zur Normgrößen-Couch. Mit rechtshändigem Fernbedienungsausleger. Ohne Sympatie- und Freundlichkeits- Sonderausstattung. Grob geschätzt, um einige Meter zu klein für sein Gewicht. Er war der Wirt in der Strandbar, in der ich zu speisen gedachte. Genau auf DICH hab ich gewartet...! Ja nee, is klar. Essen war ok (ich war sehr genügsam indem Moment). In meiner jugendlich, naiven Art bewieß ich Sendungsbewußtsein für meine Tour und erzählte ihm, was ich vor habe. Sein Kommentar: Des wär zu anstrengend, der Quatsch. Ja nee, is klar.
Als ich dann im Zelt lag, hatte ich nur sehr geringe Hoffnung, mit dem Gepäck 3.500km durch Deutschland zu laufen. Von so vielen Freunden gab es Unterstützung und ich kacke auf der 2. Etappe ab. Enttäuschung pur!
Und genau in diesem Moment kam eine sms meines Freundes Martin, der mir mit sehr schönen Worten versicherte, daß er an das Gelingen der Tour glaubt. Sollte es doch morgen weiter gehen...?


 * 3. Tag DEUTSCHLANDTOUR-TAGEBUCH / 4.04.2011 *
Strecke: Ingelheim --> Rüdesheim (12 km)
Dauer: 13:00 - 17:00 Uhr / Google Maps 3. Etappe

 

- Auferstanden, von den Toten -
Es war zwar eng im Zelt, aber dank dieser selbstaufblasenden (wasauchimmer) Luftmatratze nicht unbequem. Auch zeigte sich, daß mein gesponsortes VAUDE-Zelt Regen und Wind wunderbar stand hielt. Das hätte noch gefehlt, ein undichter Zeltboden...
Die ersten Testschritte ergaben Erstaunliches. Erstens hatten die Oberschenkelschmerzen deutlich nachgelassen und zweitens fühlte sich auch der Rücken wieder brauchbar an. Ok, erst Gepäck reduzieren, dann bei "Couch-Potato" frühstücken. Während ich schweren Herzens ausmistete, kam die "Felsin" in der Brandung, die Retterin der einsamen Wanderer, die unverwüstliche Diana angebraust und raubte mir alles, was nicht niet-und-nagelfest war. Aber, der kümmerliche Rest war sehr viel leichter zu transportieren.
Der Platz am Strand war im Grunde sehr schön. Vielleicht komm noch mal wieder, mit meiner Luftmatratze. Mal sehen...
Mein spezieller Freund in der Strandbar war zum Glück nur kurz da. Er machte ein paar Handgriffe, um sich dann gleich für ein vormittägliches Schläfchen ins Stübchen zurück zu ziehen. Sensationell!
Statt seiner war nun Gattin Bettina zugegen. Ok, ich muß euch von Bettina erzählen. SUPERNETT! Wir haben uns über die Deutschlandtour unterhalten, ich habe von meinen unerfreulichen Erlebnissen am gestrigen Tag erzählt, was sie mit viel Verständnis quittierte. Zwischendurch fragte sie mich gefühlte 48x, ob sie freundlich bei den Gästen rüberkommt. Weil nämlich die Couch-Pfeife - ihr Gatte (sie hat lustigerweise nie "mein Mann" gesagt, sondern immer nur "der Dicke") - ihr ständig vorwirft, unfreundlich zu sein. Ja nee, is klar...
Abschließend lud sie mich zum Frühstück ein und holte 40€ aus der Schublade. "Wasnjetzt?", dachte ich. "Gib mal Deine Spendenbüchse her. Aber sag's nicht dem Dicken." Ich glaub nicht, daß der einen facebook-Account hat...
So, ich hab einen Vorschlag: Bettina ist eine von uns, die muß belohnt werden.
Alle, die Lust haben, schreiben bitte eine schöne Postkarte an:
Bettina Lamby
Am Strandbad 6
55218 Ingelheim

Schreibt was gaaaaanz Liebes und daß sie so wunderbar das Deutschlandtour-Projekt mit ihrer Herzlichkeit unterstützt hat (über eine kurze Nachricht bei facebook, wer alles mitgespielt hat, würde ich mich sehr freuen).
Währenddessen hat ein anderer "Unverwüstlicher" (Jörg, Du bist gigantisch!) gezaubert und mir eine Bleibe in der Jugendherberge in Rüdesheim verschafft. Der Weg nach Rüdesheim war mit Fähre und dann am Rhein entlang im Vergleich zum Vortag sehr chillig. Das Ziel hatte dann Schönes und weniger Schönes für mich parat. Die Jugendherberge liegt in den Weinbergen oberhalb von Rüdesheim. Eine Aussicht zum Niederknien! Aber komm da erst mal hoch... Ich Schweiße meines Abgesichts stand ich wenig später dann doch vor der Tür und wurde freundlich aufgenommen. Die Küche hatte Fleischküchle, Kartoffelbrei und Karottengemüse für mich übrig. Für die letzten Beiden kann man mich sonst def. nicht "hinterm Ofen hervorlocken", aber an dem Tag schmeckte es großartig. Da ist also Licht am Ende des Tunnels. Mal sehen, wie's weitergeht...


* 4. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch / 5.04.2011 *
Strecke: Rüdesheim --> Assmannshausen (5 km)
Dauer: 11:00 - 13:00 Uhr / Google Maps 4. Etappe

 

Ich bin in den letzten 4 Tagen 60km gelaufen und merke das auch. Da wollte ich heute mal liebvoll und herzlich mit mir umgehen und mich etwas schonen. Die Strecke nach Assmannshausen kam mir da gerade recht. Wobei man dazusagen muß, daß der Rheinsteig nicht direkt bretteben ist. Da geht es schön auf und ab. Falls mir das rein optisch entgangen wäre, hat mich auf alle Fälle der, sich vom Oberschenkel nun ins vordere untere Schienbein verlagerte Auftritt-Schmerz regelmäßig daran erinnert. Kennt Ihr diese Druckstellen vorne, wenn Ihr nach dem Skifahren die Skischuhe auszieht? Super Sache, beim Wandern. 

Aber weiter im Text. Ich muß Euch ja noch von Fr. Otto, der guten Fee, der Rüdesheimer Jugendherberge, erzählen. Sie ist mir früh erst über den Weg gelaufen und ich habe ihr gleich das schöne Gastgeber-Tagebuch in die Hand gedrückt. Nach dem Frühstück - dezent untermalt von nervtötendem Gekreisch einer
Multikulti-Schülerausflugstruppe, mit netten, sprachlich einwandfreien Aufforderungen, wie "Gib misch dem Brötschen! HER!" - hat mir Fr. Otto dann bei der nächsten Etappe geholfen und sich auch gleich ans Telefon gehängt. Super, die Frau!
Sie fand in Fam. Unger vom Hotel "2 Mohren" weitere Unterstützer der Deutschlandtour. Ich wäre dort als Gast willkommen. Hotel? Hab ich richtig gehört? Das war ja gar nicht meine Absicht, möglichst bequem zu übernachten. Ein Schlafplatz und eine warme Mahlzeit reichen schon für die Projektidee. Andererseits, abundan ein bißchen mehr Bequemlichkeit unterwegs hat schon was. Freu!

Diese Strecke konnte ich zum ersten Mal genießen. Es war nicht sehr weit, ich konnte schonend mit meinen Schienbeine umgehen, es war angenehm warm und der Ausblick auf den Rhein bei Bingen ist der Hammer! Zwischendrin kam ich an einer Stelle vorbei, wo Reisende vor mir kleine Steinhäufchen aufgetürmt hatten (Bilder kommen noch). Das sollte wahrscheinlich der Gebietsmarkierung dienen, wie bei Hunden, die an die Bäume pinkeln. Da war natürlich meine Alphatier-Gesinnung herausgefordert. Ich hab erst mal alle Haufen weg gekickt.
Nein, hab ich natürlich nicht gemacht, sondern ein besonders schönes Steinhäufchen aufgetürmt und meinen UG (unbeugsamen Galliern = Helfer im Hintergrund) gewidmet. IHR SEID KLASSE!
Kurz vor Assmannshausen ging es dann recht steil bergab, wogegen meine Schienbeine lautstark Einspruch erhoben. Ich dachte nur: Hoffentlich kommt keine Treppe.
Natürlich kam eine. Die Art und Weise, wie ich sie herunterstieg, hätte für keine herausragende B-Note gereicht, aber was soll's. Frau Unger nahm mich nett in Empfang und gab mir das Einzelzimmer Nr. 14. Mittagschlaf (herrlich) und Tagebücher nachtragen. Auf meinem Galaxy Tab ist alles anders angeordnet, deshalb dauert das seine Zeit, sich zurechtzufinden.
Eine interessante Szene beim Abendessen. Frau Unger erzählte Freunden am Nachbarstisch, daß sich letztens ein Gast [Ich vermute mal, der "Dicke" war gemeint :-)] sehr lautstark und unfair über das Steak beschwert hat. Hat sie geärgert, da ihr Mann - der Küchenchef - sehr liebevoll kocht. Wie es der Zufall wollte, bekam ich zum Abendessen auch ein Steak serviert. Mit Pommes, einem leckeren Salat und einer hervorragenden Bärlauchsuppe als Vorspeise. Das Steak war der Hammer! ENDLECKER!
Kommen wir also wieder zu einem kleinen Auftrag an Euch: Sollte jemand in nächster Zeit einmal durch Assmannshausen reisen, bitte direkt vor dem Hotel "2 Mohren" (Rheinuferst. 1 / 65385 Rüdesheim-Assmannshausen) in die Eisen treten und parken. Rein gehen, Steak bestellen, schöne Grüße von mir ausrichten, damit sie sehen, daß sich Freundlichkeit und Hilfbereitschaft auszahlen. Müde. Schlafen.


* 5. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch / 6.04.2011 *
Strecke: Assmannshausen --> Kaub (15km)
Dauer: 11:00 - 17:00 (inkl. Pausen, versteht sich) /
Google Maps 5. Etappe

 

Nach herzlicher Verabschiedung von Fam. Schambach/Unger vom Hotel "2 Mohren" ging es wieder auf den Weg. Diesmal nach Bacharach. Hat sich zufällig ergeben, da ich die nächsten Tagesetappen dem Freitag anpassen mußte. Für Freitag ist mir ja schon ein Nachtlager in St. Goar offeriert worden und Bacharach paßt erstens als Tagesetappe gut rein, zweitens gibt's da eine Jugendherberge, die Hr. Frenzke (Jugendherberge Rüdesheim) mal anfunken wollte.
Auf den ersten drei Kilometern ging es auf einem engen Streifen an der B "fälltmirgradnichtein" entlang. Nicht ungefährlich, aber was waren die Alternativen? Ich hätte durch den Rhein auf die andere Seite schwimmen können, weil da ein schöner Radweg verläuft (Hm? Nö, laß ma...) oder auf den Rheinsteig hochkraxeln und die sportliche 15km-Etappe mit dem lustigen Namen "Himmlisch und Höllisch" entlang laufen (robben, rollen, kriechen) können. Die kurze Rücksprache mit meinen Schienbeinen ergab ein "Njet". Ich glaube deutlich ein "Alta, wenn Du das machst, dann..." von dort unten gehört zu haben.
Seisdrum, es ging ja voran. Irgendwann gab es die Möglichkeit, rechts in die Weinberge abzubiegen, was ich auch tat. Der folgende Weg bis Lorch war WUNDERSCHÖN. Ich war - abgesehen von ein paar entspannt wirkenden Weinbauern - völlig allein auf dem Weg. Es war warm. Vögelgezwitscher. Lastenschiffe zogen langsam ihre Bahnen durch den Rhein.

Nur meine Schienbeine waren ständig präsent. Ich glaube, seit KM10 auf der ersten Etappe habe ich keinen schmerzfreien Schritt mehr gemacht. Mir war das vorher nicht so klar, was es heißt, plötzlich jeden Tag mit einem Trekking-Rucksack zig Kilometer zu laufen. Aber, wie wohl tun da die guten Wünsche und Aufmunterungen via sms, Mail oder Tel. Ganz lieben Dank Euch allen.
Von Lorch aus bin ich dann mit der Fähre nach Niederheimbach gefahren. Der Magen meldete sich und wollte Nahrung. Ein Imbiss direkt am Rheinufer kam mir da sehr gelegen. Ich sitze kaum, da gesellt sich Horst zu mir. Ein rüstiger Mitsiebziger, der heute mal eben aus Bingen mit dem Fahrrad vorbeischaute. Ein sehr Netter, mit ein paar Schrulligkeiten. Z. B. ließ er einigen Anfangsfragen (was ich hier täte, wohin ich wollte, etc) ein "aber ich halt erstmal die Klappe und laß Sie essen" (Rindswurst + Kartoffelsalat + Radler) folgen. Das hielt ihn aber nicht davon ab, unentwegt weiterzufragen. Immer gefolgt, von dem Satz "aber ich halt..." :-) Die letzten 5km mußten erlaufen werden. Der Weg am Rhein entlang ist wirklich eine Augenweide. Das Ortschild Bacharach wies mich auf die Städtepartnerschaft mit einer belgischen und einer französischen Stadt hin. Spätestens ab da beschäftigte mich allerdings nur noch der Gedanke "Wie zum Geier wuchte ich jetzt den Rucksack zur Burg hoch". Jene liegt majestätisch platziert an Weinbergshängen in etwa 2500m Höhe (ok, möglicherweise übertreibe ich etwas). Durch ein Tor ging es in die Stadt - und ich glaubte, im Mittelalter zu stehen! Fachwerk, wo man hinschaut, enge, verschachtelte Gassen. Vorbeiziehende Minnesänger und Gaukler hätten mich, den Wandersmann, nicht verwundert.
Der Aufstieg zur Burg war anstrengend. Ich hoffte inständig, daß mich die Jugendherbergsleitung Rüdesheim ankündigen konnte. Die Übernachtung war ja noch nicht in "trockenen Tüchern". Und auch mein eigentlich ausgestandener Heuschnupfen erschien wieder auf der Bildfläche (super timing!).
Dann stand ich also am Empfang dieser unvergleichlich schönen Jugendherberge und - der geneigte Leser ahnt es - man, bzw. frau wußte von nix. Das lag aber nicht an Rüdesheim. In der JH Burg Stahleck in Bacharach stand heute das Telefon nicht still. Rüdesheim ist also gar nicht durchgekommen. Nach einem Anflug spontaner Enttäuschung (genau HIER, an diesem traumhaften Platz wollte ich unbedingt bleiben), griff ich dann zu härteren Maßnahmen. Unter wüsten Beschimpfungen schmiß ich Möbel, Ansichtskarten und Kinder durch die Gegend, drohte mit Selbstmord, bettelte, flehte, bis dann vier kräftige Mannsbilder in weißen Turnschuhen kamen und...

Natürlich war es anders :-) und natürlich erschienen auch hier wieder zwei helfende Engelchen, da die Sache wohl - was ich schon seit der Vorbereitung spüre - unter einem guten Stern steht. Fr. Kumpfe und Fr. Seel setzten alle Hebel in Bewegung, um mir ein Nachtlager zu verschaffen. Die Jugendherberge Kaup sagte zu, das zu übernehmen. Nur, wie dahin kommen? Die drei Kilometer hätte ich heuschnupfengeplagt nur schwer gepackt.
So liebe Freunde, jetzt muß ich etwas beichten: Ich bin nicht gelaufen, sondern das Engelchen Ursula hat mich zur Fähre gefahren. Asche auf mein Haupt. Man möge es mir bitte verzeihen.
Die Jugendherberge Kaup ist wieder so ein Hammer. Einfach klasse. Ich kann nur empfehlen, hier und in Bacharach mal Urlaub zu machen. Die JH's, die ich von früher kenne, waren alles häßliche Kästen.
Auch hier in Kaub wurde ich - diesmal von Katja Mosel - superfreundlich empfangen. Es wurde mir sogar ein Wunsch erfüllt, der mich auf der Fähre beschäftigte. Ich würde gerne einen Ruhetag einlegen, um mal in den Körper hineinzuhorchen und ein paar Dinge bzgl. Homepage und facebook mit Christian und Jörg (zwei UG) zu besprechen. Nach kurzer Rücksprache mit dem Leiter Manuel Witt war das geklärt.
Ein Hamburger + Radler schlossen diesen interessanten Tag ab. Ich bin sehr dankbar und guter Hoffnung auf weitere Engel.


* 6. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch / 7.04.2011 *
Ruhetag in Kaub 

 

Durch das dankbar angenommene Angebot der Jugendherberge in Kaub, noch einen weiteren Tag hier Gast sein zu dürfen, waren Regeneration und Klärung einiger Dinge - facebook, Homepage und weitere Gastgeber betreffend - möglich. Ich hatte nette Gespräche mit Manuel (Leiter) und Janina und Susanne und dem Küchenchef (Mist, ich hab mir den Namen nicht gemerkt). Alles sehr nette Leutchen, bei denen mir der Abschied morgen schwer fällt. Wunderbarerweise haben sie auch gleich nachgedacht und mir weitere Übernachtungsmöglichkeiten organisiert. So bin ich jetzt in der glücklichen Lage, morgen in St. Goar, am Samstag in Oberkestert und am Sonntag in Boppard ein Quartier vorzufinden. Ich bin sehr dankbar dafür.
Als ich am 2. April losgezogen bin, war eine solche Empfehlungskette nackte Theorie und es gab nicht wenige, die einer solchen Unterstützung nur sehr wenig Chancen einräumten. Bei mir war es auch mehr Hoffnung, als Überzeugung.
Jetzt macht sich der hohe Aufwand in der Vorbereitungsphase bezahlt. Ohne die Webseite hätte ich es beispielsweise weit schwerer, jemanden davon zu überzeugen, daß ich kein Schnorrer bin. Zurück zum Tag. Am Vormittag wollte ich mal antesten, wie sich meine Haxen ohne Rucksack unter Belastung anfühlen. Ich bin also zur Burg Gutenfels hochgestiegen und siehe da, es lief prima. Ich hoffe also, daß es sich nur um eine Art Muskelkater handelt. Wir werden sehen. Zum Tagebuchschreiben habe ich mich dann auf einem lauschigen Schattenplätzchen niedergelassen, wo mich Jonas aufspürte. Jonas ist ein fideler Zehnjähriger, der gerade von einer seiner, wie er sagte, häufigen Burgbesteigungen zurückkam. Er hatte eine schmucke Deutschland-Kappe auf und war mit Sonnenbrille und Umhängetasche ausgerüstet. Ein Bergsteiger-Profi sozusagen. Die nächsten ca. acht Sätze ließen sich etwas schwer nachvollziehen, da er wie selbstverständlich davon ausging, daß ich die Vorgeschichte kannte. So von der Art "Der Bennie ist aber heute nicht mit, weil der muß ja unten helfen. Na egal..."
Jonas trollte sich wieder und ich schrieb das Tagebuch fertig. Pünktlich da setzte auch wieder mein Heuschnupfen ein. Nerv! Aber es sind nur die Frühblütler. Die müßten eigentlich bald Geschichte sein. Hoffen wir's.

Der Rest des Tages verlief in entspannter Atmosphäre, ohne besondere Vorkommnisse. Dazu aber vielleicht noch mal ein Hinweis in eigener Sache. Ich habe heute auf angenehme Weise Zeit an einem schönen Ort verbracht. Speziell am Abend saß ich beispielsweise auf einer gemütlichen Bank oberhalb von Kaub und habe ein Fläschken Bier und eine wunderbare Maduro-Zigarre genossen. Das sind sehr friedvolle Momente, für die ich dankbar bin.
Da wird es den einoderanderen geben, den der Gedanke beschleicht "Ich hock hier uff Arbeit und der macht sich nen feinen Lenz. So schön hätte ich's auch gern ma". Daß ich Euch auch von den schönen Zeiten erzähle, soll natürlich nie als "Ätsch" verstanden werden, sondern hat immer informativen Charakter. Ich möchte Euch hier mit auf diese Reise nehmen, Empfehlungen aussprechen, wo es sich lohnt, mal hinzufahren oder auch nicht. Ich denke, die allermeisten können sich da auch mitfreuen.
Die weniger schönen Zeiten gab es ja schon und wird es auch wieder geben. Gerade dann bin ich auf die Unterstützung und Aufmunterung vieler angewiesen. Es ist ein langer Marathon durch Deutschland und ohne Euch wird es nicht klappen. Ich freue mich auf Euer optimistisches und förderliches Mitmachen.


* 7. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch / 8.04.2011 *
Strecke: Kaub --> St. Goar (11km)
Dauer: 12:00 - 15:00 Uhr /
Google Maps 7. Etappe

 

Der Abschied hier in Kaub gestaltete sich wie erwartet sehr herzlich - und mit etwas Wehmut, denn hier hätte ich es problemlos noch länger ausgehalten. Ich hatte ursprünglich vor, noch auf einen Sprung bei Gerhard reinzuschauen. Hat aber nicht geklappt. Der hat gerade die Handwerker im Haus.
Hä? Gerhard wer...?
In Kaub hat seinerzeit (Winter 1813/14) ein gewisser Generalfeldmarschall Gerhard Leberecht von Blücher mit seiner Armee den Rhein überquert. Er war nämlich ziemlich mies auf Napoleon I zu sprechen und hatte vor, dem Spuk einfürallemal ein Ende zu machen. Lest mal bei Wikipedia nach, der Gerhard muß eine ziemlich coole Socke gewesen sein. Jedenfalls gibt es in Kaub ein Blücher-Museum, das aber leider gerade renoviert wird. Dann halt irgendwann mal.

Mit der Fähre ging es auf die andere Seite und dann am Rhein entlang nach St. Goar. Es war warm, aber ziemlich windig. Trotzdem tat es meinen Beinen merklich gut, nicht die sehr anspruchsvolle Rheinsteigetappe zu laufen, sondern auf dem Radweg am Rhein entlang. Es sind einige Kurven bis St. Goar und es gibt reichlich Verkehr auf dem Rhein. Da reihen sich Lastschiffe aneinander, auch viele Ausflugsdampfer mit plärrenden Touristenführern. Es muß ein Höllenlärm auf den Touri-Schiffen herrschen, wenn ich die Beschreibungen der wirklich sehr schönen Landschaft fast Wort für Wort am Ufer verstehe. Naja, sind ja nicht meine Ohren.
Die Etappe war kurz und gut zu laufen. Für mich wieder eine willkommene Bestätigung, daß sich meine Beine an die Belastung gewöhnen. Ich hatte in St. Goar dann ausreichend Zeit, Tagebuch zu schreiben und weitere Planungen zu besprechen. Meine heutige Gastgeberin Edith wollte mich um 19:00 Uhr abholen kommen. Ich saß also im Cafe Hauser und kam mit Angelika, der Bedienung, ins Gespräch, habe ihr von der Deutschlandtour erzählt, sie erzählte es ihrer Chefin Marianne weiter und - schwubs - landeten weitere 20€ in der Büchse. Das sind beides ganz liebe Damen und ich empfehle dringend, wenn ihr nach St. Goar kommen solltet, ab Ortseingang Scheuklappen aufzusetzen, vor dem Hotel-Restaurant-Cafe Hauser / Heerstr. 77 / 56329 St. Goar am Rhein zu halten, nicht über die Schloßallee und über Los zu gehen, keine 8000DM zu kassieren, sondern direkt ins Cafe zu stürmen. Der Apfelkuchen ist klasse.
Um 19:00 kam mich dann Edith abholen. Eine herzliche Begegnung von Anfang an. Wir fuhren dann in ein Dorf im Hunsrück, wo schon ihr Lebensgefährte Jürgen mir Grillfleisch wartete. Super!
Zur Erinnerung: Edith ist die Mutter von Jonas, der mir in Frankfurt bei Globetrotter meine Trekking-Schuhe verkaufte (sehr gute Beratung; wenn ihr mal dort etwas kaufen wollt, nach Jonas Hartmann fragen). Er informierte seine Mutter, daß ich hier in St. Goar durchkomme. Sie hat mir dann via Mail eine Übernachtung angeboten. GENAU SO SOLL ES LAUFEN!
Um es kurz zu machen, viel Gleichklang bei den Ansichten, Interesse, etc. Bei Jürgen konnte ich dann noch einige Dinge in facebook direkt am laptop optimieren, was sehr hilfreich war. Ich hoffe, wir kriegen die facebook-Seite nun mit der Zeit immer übersichtlicher hin. Leider war damit der Tag auch schon wieder zu Ende. Wir hätten noch viel mehr zu plaudern gehabt.


* 8. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch / 9.04.2011 *
Strecke: St. Goar --> Oberkestert (13 km)
Dauer: 12:00 - 16:30 Uhr
/ Google Maps 8. Etappe


So wie der gestrige Tag endete, begann auch der heutige Tag. Mit zuwenig Zeit. Vielleicht kommen wir einandermal zum Weiterplaudern. Da Edith Termine hatte, warf ich den Rucksack in den Kofferraum und ab ging es zurück nach St. Goar. Jürgen hat mir zum Abschied die besten Wünsche mit auf den Weg gegeben und mit seiner Bombasto-Kamera ein schönes Foto von uns dreien geschossen. Ich hoffe, das wandert dann auch in die Fotogalerie der Tour. Auch mit Edith war der Abschied kurz und herzlich, die Spendenbüchse erhielt noch Nahrung und ich war wieder "on the road".
Ich wollte eigentlich auf einer sonnenbeschienenen Bank auf der St. Goar-Rheinseite das Tagebuch weiterschreiben, aber da nahm dann die Geräuschkulisse überhand. Ein Dutzend Jungs irgendeines örtlichen Trinksport-, Fingerhakel- oder Nasenbohrervereins gedachten ihren noch präsenten Restalkohol mit ordentlich Nachschub zu unterfüttern. Aus zwei Kisten Flensburger wurde dann gleich mal das "Konterbier" gereicht.

Ich nahm die Fähre nach St. Goarshausen, plauderte mit "Fährmann" Daniel und suchte mir ein schönes Cafe zum Weiterschreiben.
Also, ich beklag' mich ja nicht darüber, aber irgendwie kreuzen nur nette, hilfsbereite Menschen meinen Weg. So auch im Cafe am Rheinsteig. Doreen hängte sich gleich ans Telefon, um für meine Lahnstein-Etappe einen Schlafplatz zu organisieren. Super! Ihr seid klasse. Ich will euch alle auf der Spendenparty nach der Tour wiedersehen.
Heute sollte mal wieder ein Test laufen, ob sich meine Beine mittlerweile an das Wandern und Rucksacktragen gewöhnt haben. Es ging den Rheinsteig entlang von St. Goarshausen bis Oberkestert. Auf der ganzen Strecke reihten sich ein Wahnsinnspanorama an das nächste. Aber, man mußte sich diese Ausblicke auf einem ziemlich steilen Anstieg erstmal verdienen. Sonne, gute Beine, sehr wenig los - Die Etappe hat richtig Spaß gemacht!
Ganz allein war ich natürlich auch nicht. Nach einem kurzen Anstieg dachte ich plötzlich, mich tritt ein Pferd.
Na, treten vielleicht nicht, aber zumindest sah ich fünf Exemplare an einen Baum angebunden. Wie kommen die denn hier hoch?

Ein Stückchen weiter saß dann auch die fröhliche Reitertruppe beim "Feschpern". Ein ganzer Holztisch war belegt mit Brot, Wurst, Käse, Salat und anderen Leckereien. Ich grüßte, lobte die Wahnsinnsaussicht, wünschte einen guten Appetit, wurde gefragt, wohin ich denn unterwegs wäre, gab eine Kurzübersicht und dann machte man mir ein "Angebot, das ich nicht ablehnen konnte": Magst Du ein gekühltes Bier?
Nach einer halben Stunde angenehmen Plauderns bei einem kühlen Blonden ging es dann beschwingt weiter Richtung Burg Maus. Die Burg ist zwar leider nur für Falken- und Adlerflugvorführungen zugänglich, hat aber noch eine andere nette Eigenheit. Und zwar ist dort ein Standesamt der Verbandsgemeindeverwaltung Loreley untergebracht (siehe Fotos). Sehr cooler Ort, sich zu trauen. Aber, wo kriege ich jetzt die passende Frau dafür her??
Ich wartete - in meinen Augen angemessene - 5 Minuten, aber es kam keine Braut um die Ecke. Dann halt nicht. Weiter geht's.

Auf einem schmalen, felsigen Pfad, der sich mal durch den Wald, mal an Hügelrändern entlangschlängelte, hatte ich auch weiterhin viel Spaß am Wandern.
Ziemlich überraschend tauchten dann die ersten Häuser von Oberkestert auf. Ich lief erstmal an der kleinen Pension von meinen heutigen Gastgeberinnen, Frau Singer und Frau Noback, vorbei. Hat sich aber schnell geklärt.
Nach einer heißen Dusche, galt es dann den eigenen Flüssigkeitshaushalt wieder auszugleichen, was ich auf der Gästeterrasse mit einem Radler professionell anging.
Es gab außer mir noch einige Gäste, die den sonnigen Abend genossen. Ein gewisser Roland erzählte pausenlos aus dem Nähkästchen. Sehr witzisch! :-) Irgendein Comedian hat mal gesagt, daß er sich nur eine Stunde in eine Dorfkneipe setzen müsse und das halbe Bühnenprogramm wäre gesichert. So war das hier auch. Ich konnte mir leider nicht alles merken. Mal sehen...
Da gab es beispielsweise einen gewissen "Wurstel", der in "leicht" alkoholisiertem Zustand die Idee enwickelte, man habe ihn beraubt. Und weil das dann mal eben so für ihn feststand, ist er postwendend zur Tat geschritten. Er hat dann, wie in ländlichen Regionen wohl so üblich, mit der Axt die Tür des von ihm bereits überführten Diebes "geöffnet" (ob er vorab klingelte, ist nicht bekannt) und dieses Werkzeug auch am Tatort "schlagkräftig" zur Beweismittelsuche eingesetzt. Unnötig zu erwähnen, daß sich später alles als "Mißverständnis" herausstellte. Ja, nee, is klar... :-) Besagter "Wurstel" hat noch weiteren Gesprächsstoff geliefert. Als im Januar ein Tankschiff im Rhein havarierte, war auch unser Freund als Helfer zugegen. Als ein paar Kumpels von ihm vorbeikamen und fragten, ob er irgendetwas brauchen würde (heiße Suppe, warme Wechselklamotten, etc), wollte Wurstel nur "ne Kiste Bier und die BILD-Zeitung". Herrlich!
Wenn ich es richtig vestanden habe, ist er auch schon mal beim Streichen der Burg Pfalzgrafenstein bei Kaub mitsamt dem Gerüst in den Rhein gefallen. :-) Scheint ein richtiger Tausendsassa zu sein, unser Wurstel.
Mit einem Schnunzeln auf dem Gesicht (und einem leckeren "Strammen Max" im Bauch) habe ich dann auch den Tag ausklingen lassen. Ein dreifaches "Ufftata ufftata..."


* 9. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch / 10.04.2011 *
Strecke: Obekestert --> Boppard (17,5km)
Dauer: 12:00 - 18:00 Uhr /
Google Maps 9. Etappe

 

Der Tag begann auch hier mit einem reichhaltigen Frühstück, daß mir Fr. Noback liebevoll vorbereitete.
Rucksack auf und los ging's Richtung Boppard, die Perle am Rhein.
Heute lief es sich wieder sehr angenehm über weite grüne Wiesen, auf naturbelassenen Wegen an Hangkanten entlang und durch germanische Mischwälder, wo es mich nicht gewundert hätte, wenn plötzlich so ein Ostgotenkrieger aus dem Unterholz hervorgesprungen wäre. Vielleicht hätte er mich freundlich angesprochen: Ich Sigibald. Das Speer. Du tot! (Zugegeben, mein Ostgotisch ist etwas eingerostet) Zwischendurch gab es dann die "Haselnußschnitten-Bananengeist-Begegnung". Eine Dreiergruppe machte gemütlich Rast an einem Waldrand und fragte mich, wo denn mein Rucksack mit mir hinwollte. Ich erzählte meine Geschichte, es wurden Fotos gemacht, die Spendenbüchse wieder etwas gefüttert und dann bot frau mir als Stärkung für den weiteren Weg - eine Banane an. Ich bin kurz zurückgewichen und habe Gegenzauber-murmelnd mein speziell für solche Situationen stets greifbares Bananengeist-verscheuch-Kruzifix gezückt und Schaden von mir abgewendet.
Das ist jetzt ein "Insider" gewesen. Diejenigen, die mich besser kennen, werden sehr geschmunzelt haben. Ich sag mal so, ich bin nicht direkt ein Freund dieser Frucht aus der Südostasien. Als Alternative nahm ich gerne drei Haselnußschnitten (No-name-Hanuta) als Wegzehrung mit.

Das Laufen ging heute wirklich gut, wohl aber war die Etappe ziemlich lang (es ging ja rauf und runter). So hatte ich dann ca. 5km vor dem Ziel kein Wasser mehr. Normalerweise neige ich dann zum sofortigen Brunnenbau, hatte aber meinen Klappspaten nicht zur Hand. Also mußte mit Spucke gespart und die nächste Oase - also Boppard - erreicht werden. Das zog sich, aber die Ausicht von oben auf den sich schlängelnden Rhein war wirklich eine Augenweide. Auf der Fähre bezahlte ich den Fährmann wieder im Voraus (ich lern's echt nie) und erreichte die Perle am Rhein - Boppard. Flugs bei Martin Ströhmann (meiner von Edith organisierten Kontaktperson hier) durchgeklingelt und schon saß ich, nach kurzer Wegbeschreibung, mit ihm und einem sehr herzlichen Grüppchen Eingeborener bei "Schinderhannes & Julchen" auf ein, zwei Apfelschorle zusammen.

 

So etwas habe ich ja in meinen kühnsten Träumen nicht erwartet. Nicht nur, daß selbstverständlich bereits ein wunderbares Zimmer im AWO-Jugendgästehaus "Zum Markt" vorbereitet war, auch beim späteren Abendessen, beim Weiterempfehlen an künftige Gastgeber, beim Füllen der Spendenbüchse oder bei der Frühstückseinladung im "Schinderhannes & Julchen" für den morgigen Tag zeigten sich Martin, Angelika, Klaus, Julchen, u. a. von einer herzlichen Gastfreundlichkeit. Meine lieben Bopparder, Ihr seid phantastisch!!

Weniger phantastisch war der später einsetzende Heuschnupfen, der sich nächtens auf die Bronchien legte. Ich habe wenig geschlafen, viel geröchelt und mich letztendlich - nicht schweren Herzens - entschlossen, das Angebot Martins anzunehmen und noch einen Tag länger zu bleiben.
Gibt Schlimmeres.


* 10. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch / 11.04.2011 *
Ruhetag in Boppard 

 

Nicht nur meinen Bronchien tat der Ruhetag gut, ich hatte auch reichlich (aber immer noch zu wenig) Gelegenheit, dieses wunderhübsche Städtchen "im Tal der Loreley" (Aussage Werner Treichel; von ihm wird später noch zu reden sein) lieb zu gewinnen. Mit der einzigen Rheinpromenade aller Mittelrheinstädte, den vielen liebevoll hergerichteten Fachwerkhäusern oder dem herzlichen Miteinander der Bopparder untereinander, macht ein Verweilen hier wirklich Freude.
Meine Gastgeber waren inzwischen wieder wuselig am Unterstützen. Martin Strömann - der Sheriff von Boppard-City - hat mir eine Unterkunft in Lahnstein besorgt und meine lieben Schinderhannes & Julchen haben darauf geachtet, daß ich nicht verhungere.

Noch mal ein Wort zu Martin Strömann. Er hat über 2 Ecken von meiner Ankunft hier in Boppard erfahren, hat sich als rechtschaffener Polizeibeamter zunächst einen Überblick über mein Projekt verschafft, aber dann alle Hebel in Bewegung gesetzt, um meinen Aufenthalt hier möglichst angenehm und erholsam zu gestalten. Nebenbei erfuhr ich dann, daß er und andere Ehrenamtliche der AWO Boppard bereits seit 20 Jahren regelmäßig Kinder aus Tschernobyl nach Boppard zur Erholung einladen. Gegen so eine kontinuierliche Sozialarbeit ist meine Tour bestenfalls ein Lichtlein. Respekt Dir und Deinen Mitstreitern, lieber Martin.
Oder ein Wort zu meinen liebgewonnen "Ernährern" Klaus "Schinderhannes" Kröber und Julchen. Nicht nur zum Frühstück wurde ich gastfreundlich bewirtet, sie stellten auch den Kontakt zum SWR her. Bereits am Nachmittag kam Andreas Krisam aus Koblenz für ein Interview vorbei. Vorher gab es auch noch ein Interview mit der Rhein-Hunsrück-Zeitung (wird alles auf der Webseite veröffentlicht). Auf die Resonanz bin ich mal gespannt.

Das Highlight gab es dann abends. Klaus und Werner Treichel luden zur "Funzel-Tour". Das ist eine sehr unterhaltsame Stadtführung mit Weinverköstigung aus dem "Funzel-Wagen". Werner ist ein absolutes Original und knallt eine Spruch nach dem anderen raus (ich lache jetzt nicht über jeden Sch..., aber Werner ist der Hit), umrahmt von vielen Anekdoten und Wissenswertem über die Bopparder Geschichte. Beide - Klaus und Werner - ergänzen sich perfekt. Auch die anderen Funzelgänger waren witzig drauf. Da gab es z. B. einen grauhaarigen Rheinländer, der auf die Frage eines Cafegastes, ob wir ein Kegelklub wären, nur staubtrocken
antwortete: "Kein Kegelklub. Wir sind Wissenschaftler". Herrlich!
Nicht mehr ganz nüchtern haben wir den Tag dann im angeregten Gespräch, bei einem Süppchen von Julchen, beendet. Ich werde Euch vermissen!!


* 11. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagsbuch / 12.04.2011 *
Strecke: Boppard --> Lahnstein (14,5km)
Dauer: 12:00 - 15:30 Uhr /
Google Maps 11. Etappe

 

Heute mal in Stichpunkten (ist nicht so viel passiert): Mit tränenerstickter Stimme und herzlichen Umarmungen Abschied von meinen Bopparder Freunden und Räubergesellen genommen - windiges, teilweise regnerisches Wanderwetter (das Regencape mußte mal getestet werden. Funktioniert) - gute Beine; es ging zügig voran - Mein heutiger Gastgeber in Lahnstein wurde ja bereits von meinen Bopparder Freunden organisiert - Nette Begrüßung von Hr. Bock - schönes Zimmer - Dach und Fenster sind dicht; es regnet nicht rein :-) Endlich konnte ich meine Tour-Visitenkarten an der DHL-Packstation in Lahnstein abholen (siehe Fotos). Das war's für heute.


* 12. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch / 13.04.2011 *
Strecke: Lahnstein --> Bendorf (18km) / Gesamtstrecke: 149km
Dauer: 12:00 - 18:00 Uhr /
Google Maps 12. Etappe

 

So ereignislos der gestrige Tag war, so interessant, ungewöhnlich, seltsam fing der heutige Tag an.
Zur vereinbarten Frühstückszeit (9:00 Uhr) bin ich im Frühstücksraum meiner gastgebenden Pension (ich nenn' mal keine Namen) erschienen, beziehungsweise versuchte ich selbiges. Es war alles abgeschlossen (die Zimmer liegen in einem anderen Haus) und kein Mensch zu sehen. Der Blick durch's Fenster ergab, daß hier heute schon menschliche Wesen Nahrung zu sich genommen hatten. Danach stand mir auch der Sinn, nur war das Burgtor geschlossen und die Zugbrücke nach oben gezogen. Bildlich gesprochen. Was tun, sprach Zeus?
Zufällig entdeckte ich einen Subunternehmer, der irgendetwas aus der Küche holte und etwas anderes wieder hineinbrachte. Er wunderte sich auch, daß niemand da war. Ich bin dann also mal flugs durch die Küche gehuscht und habe im Frühstücksraum eines nicht zu kleinen Gästehauses eine geschlagene Stunde völlig allein gefrühstückt. Ich hätte denen das Haus davon tragen können (hab ich aber nicht gemacht, mein Rucksack ist ja voll)...
Als dann später der Chef "von det Janze" vorbeischaute, reagierte ich verwundert, daß er gar nicht verwundert reagierte. Lustiges Völkchen in Lahnstein. :-)

Mein Weg führte mich am Rhein entlang nach Koblenz, wo ich - nach einigen Mühen - ein Foto am Deutschen Eck machte. Einige Mühe deshalb, weil hier wegen der anstehenden Bundesgartenschau (BUGA) so eine Art Ausnahmezustand herrschte. Hat aber doch geklappt. Beim Nachfragen für den günstigsten Weiterweg habe ich gleichmal meine schönen neuen Tourvisitenkarten eingesetzt (Danke schön, liebes Salus BKK-Team) und erhielt von einer ganz herzlichen Fährfrau die Überfahrt nach Ehrenbreitstein gesponsort, inkl. einem Übernachtungsangebot (hatte aber schon einen Gastgeber in Bendorf). Mit dem Laufen und Tragen hatte ich keine Probleme. Es kristallisiert sich heraus, daß bei all der täglichen Vor- und Nacharbeit, ca. 15km eine gute Distanz für die einzelnen Etappen ist. Nach ein paar Umwegen über verlassene Bahnhöfe und Sackgassen (Meine Schuld. Ich wollte der Bärbel aus dem Navi nicht glauben) kam ich in Bendorf an und dachte damit, das Ziel erreicht zu haben. Weit gefehlt. Das friends Hotel liegt mitten im Wald. Und oben. Weit oben. Alter Schwede! Der Empfang war auch hier herzlich und ich konnte meine müden Glieder ausstrecken. Prima.
Zwei Dinge liegen mir noch am Herzen:
Erstens möchte ich mal eine Lanze für Jörg Wenzel und Christian Knappe brechen. Der Hammer, wie die beiden mich unterstützen. Speziell Jörg hat als erfolgreicher Financial Consultant für Großkunden derart viel zutun. Ich habe keine Ahnung, wie er da immer noch Zeit für Pressemitteilungen, Gastgeberabfragen, etc. freischaufelt. Und Christian schafft es immer wieder - neben seiner Arbeit - die Webseite und die facebook-Seite aktuell zu halten. Ich weiß aus eigener Erfahrung, daß das eine Heidenarbeit ist. GANZ HERZLICHEN DANK!!!
Zweitens hat die Weiterempfehlerkette bisher ja toll funktioniert. Ich beklage mich auch nicht wirklich über eine Übernachtungsmöglichkeit im Hotel. Nur würde ich mich auch sehr über Privatpersonen freuen, die mir einen Schlafplatz und ein Süppchen am Abend anbieten könnten. Ich gebe sehr zeitnah noch die nächsten Etappen bekannt. Überlegt Euch doch mal, wen Ihr in der jeweiligen Ecke kennt. Je früher da Gastgeber gefunden sind, umso mehr Zeit ist frei, um z. B. das Spendenaufkommen anzukurbeln. HERZLICHEN DANK FÜR EURE MITHILFE.


* 13. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch / 14.04.2011 *
Strecke: Bendorf --> Andernach (19km) / Gesamtstrecke: 168km
Dauer: 12:30 - 18:30 Uhr /
Google Maps 13. Etappe

 

Nach freundlicher Verabschiedung vom friends Hotel-Team (sehr schön im Wald gelegene Gebäude; schönes Ambiente) ging es dann wieder recht spät auf die Piste. Es gibt immer früh etwas vor- oder nachzuarbeiten. Aber das gehört eben dazu.
Für heute war noch kein Gastgeber vereinbart und ich war gespannt, was passiert. 5min nach Loslaufen klingelt zum erstenmal das Telefon. Ein Leser des Zeitungsartikels in der Rhein-Hunsrück-Zeitung hatte auf der angegebenen Webseite meine Tel. rausgesucht und mir sehr nett eine Übernachtungsmöglichkeit angeboten. Nur leider in der Nähe von Koblenz. Da bin ich schon vorbeigewandert. Nochmal eine Stunde später klingelt es zum zweitenmal. An der Strippe ist Dave Sindhu, seines Zeichens Leiter des Jugendzentrums "Am Zug" in Kirchberg. Da bin ich zwar auch schon vorbeigewandert, aber Dave erklärt sich sofort bereit, seine Andernach-Connections zu befragen. Wenig später ruft er zurück und hat ein OK von Rebekka und Harald aus Andernach in der Tasche. Guter Mann, der Dave. Und eine Spende hat er auch noch auf der betterplace-Seite hinterlassen. GRACIAS!!
Die Strecke verlief auch heute wieder angenehm. Mal abgesehen von einer kleinen, seltsamen Erfahrung. In Bendorf wollte ich eine Auskunft, welcher Pfarrer wohl in Neuwied oder Andernach zuständig ist, um mir entweder selbst einen Schlafplatz, nebst Süppchen anzubieten oder einen anderen Kontakt herzustellen. Ich kam am Pfarramt nicht mal an der Sprechanlage vorbei. Man könne mir da nicht helfen, ich möge es in Neuwied selbst versuchen. Super Sache! Mal gut, daß ich nicht Josef mit Maria und dem kleinen Jesuskind gewesen bin. Das wäre glaubenstechnisch für das Pfarramt in Bendorf ein echter Griff ins Klo gewesen.
Sei's drum. Echte spontane Hilfsbereitschaft und Gastfreundschaft gab es dann von Rebekka und Harald (sie ist Pastorin in einer freikirchlichen Gemeinde in Andernach und er Musiklehrer. Beide engagierte Christen). Völlig selbstverständlich bekam ich einen Schlafplatz zugewiesen und das besagte Süppchen stand auch schon dampfend auf dem Herd. Es waren angenehme Gespräche beim Essen und danach. Ich erzählte von meinen bisherigen Erlebnissen auf der Tour und sie mit einem sympatischen Sendungsbewußtsein, aber ohne Erwartungen und Hinterfragungen an mich, von ihrem Glauben. Nichts gegen Hotelaufenthalte, aber solche Gespräche und Begegnungen mit ganz unterschiedlichen Menschen machen eine Wanderung durch Deutschland aus. Mal sehen, was noch alles passiert...


* 14. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch / 15.04.2011 *
Strecke: Andernach --> Linz (24km) / Gesamtstrecke: 192km
Dauer: 12:00 - 20:00 Uhr /
Google Maps 14. Etappe

 

Nach einem längeren Gespräch mit Walter (interessanter Bursche mit bewegter Vergangenheit) und guten Wünschen von Rebekka und Harald für meinen weiteren Weg machte ich mich auf, zu einer längeren Etappe. Mein nächster Gastgeber ist der Friseur von Rebekka und scheint ein rechter Lebenskünstler zu sein.
Das Wetter war zum Laufen optimal und ich fühlte mich auch wohl auf meinen Beinen. Fast die ganze Strecke über ging es am Rhein entlang.
Es waren lustige Typen unterwegs. Mal kamen mir zwei deckungsgleich gekleidete Radler entgegen (richtig schön schreiend bunt; leider hatte ich die Kamera nicht in der Hand), mal eine Gruppe von sehr energisch walkenden Nordic Walkern oder ich kam an zwei Kids im Kinderwagen vorbei, die gerade von ihren Eltern gefüttert wurden.

Soweit nichts Besonderes. Nur saßen da nicht die üblichen Mütter, sondern zwei jungdynamische Vater mit den Hipp-Gläschen. Lustig (da hatte ich meine Kamera zur Hand; siehe Fotos).
Es war ein schönes Laufen entlang eines unbebauten, naturbelassenen Rheinufers. Dann wieder kam ich in den Orten an wahren Prachthäusern vorbei. Nette, teure Ecke hier.
Einmal mußte ich mich entscheiden, zwischen dem Entlanglaufen an einer baustellenverengten B42 und einem sehr niedrigen Zugang zu einem Trampelpfad, der dann am Rhein entlang führte. Das Problem an dem Trampelpfad war die Frage: Endet er in einer Sackgasse oder geht er weiter? Egal, ich entschied mich für den Pfad, mußte zum Schluß zwar ein Privatgrundstück überqueren (man hat es vermieden, auf mich zu schießen), aber dann ging's normal weiter.
Es sind wirklich alles nette, hübsche Örtchen hier am Rhein. Ein lässiges Entlangchillen in einem Wiesmann Roadster MF3 - racinggreen - wäre jetzt ein Traum, aber nööö, ich will ja laufen.
Selbst schuld :-)

In Linz kam ich etwa 20:00 Uhr an. Auch das ein kleines Schmuckkästchen. Der Marktplatz lädt zum Flanieren ein. Absolut empfehlenswert. Mein gastgebender Friseur begrüßte mich freundlich, war aber noch kräftig am Schnibbeln. Also noch mal ein Spaziergang zurück zum Marktplatz und das örtliche Aftereight-Eis getestet.
Als ich dann wieder im Salon ankam, waren nur noch zwei Stammkunden zugegen und ich wurde zum Erzählen meiner Geschichte aufgefordert. Die beiden gingen dann wiederum eine Stunde später, was aber Manfred nicht zum Anlaß nahm, den Abend bei einem entspannten Spaziergang ausklingen zu lassen. Ein Nachtmensch. Wir saßen bestimmt noch eine weitere Stunde bei einem Glas Wein im Salon und plauderten über Gott und die Welt. Der Mann ist in seinem Bereich eine kleine, mittlere oder große Berühmtheit (kann ich nicht beurteilen). Da kommen aufgescheuchte, hippelige und Gucci-gewandete Berufsehefrauen aus Düsseldorf, Köln oder Hamburg angesaust, um sich vom Meister lebensrettende Frisurkorrekturen angedeihen zu lassen, damit wieder eine menschenwürdige Existenz möglich ist. Geschichten gibt es zuhauf. Der Maitre redete sich in Stimmung (aber ein wirklich sympatischer und interessanter Erzähler) und beschloß, daß wir noch EINEN Absacker nehmen und dann nach Hause gehen. Dieser Absacker dauerte nochmal ca. zwei Stunden und mir wurde bewußt, daß ich mit dem "Bunten Hund" von Linz unterwegs war. Alle paar Minuten ging die Kneipentür auf und ein neues Gesicht kam rein, "Manne, wie jet dat Dir?"
Auch interessant, wie in dortiger Schankstätte für Umsatz gesorgt wurde. Nach einem Bier wieder zu gehen, war dort in etwa dasselbe, wie mal kurz die Tür zu öffnen und Hallo zu sagen. Du hattest das erste Bier noch nicht fertig, da stand schon das nächste daneben. So ab drei Gläsern hast Du quasi erst mal offiziell Platz genommen. Dann wurde es humorig. Wildfremde Mitfünfziger schworen mir beim Barte ihrer Mutter (oder so ähnlich), Haus und Hof zu verlassen und um Punkt Zwölf am Folgetag mit gepacktem Rucksack auf dem Marktplatz auf mich zu warten, um mit auf große Wanderschaft zu gehen. Ja nee, is klar. :-)
Schließlich hatte auch Manfred den Schalter auf "Heim gehen" umgelegt. Das Taxis wurde bestellt und ich freute mich definitiv auf meinen Schlafsack.
Ich sag' mal so, zwischen Wohnung betreten und Schlafsack vergingen weitere eineinhalb Stunden, in denen weitergeplaudert wurde (nicht direkt leise, was seine Frau absolut verständlich anmahnte), Mobiliar verrückt und der Backofen angeschmissen wurde. Über weitere lustige Details will ich mal den Mantel des Schweigens ausbreiten. Endlich schlafen.


* 15. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch / 16.04.2011 *
Strecke: Linz --> Bad Honnef (17km) / Gesamtstrecke: 209km
Dauer: 13:00 - 18:00 Uhr /
Google Maps 15. Etappe

 

Ok, folgende Situation gab es nach dem Aufwachen zu bedenken:
1) Wie mag wohl die Hausherrin und Mutter von 4 Kindern reagieren, wenn ich - ein wildfremder Wandersmann - gleich mitten in der Guten Stube stehe, speziell nach einigen nächtlichen, nicht näher zu erläuternden Eskapaden?
2) Maitre Manfred stand seit 9:00 Uhr schon wieder im Salon, konnte also nicht als Vermittler herhalten.
3) Könnte eine beherzte Flucht durchs offene Fenster (3. Stock) die lohnendere Alternative sein?
Ich entschied mich für die offensive Variante, stellte mich höflichst vor und entschuldigte mich in aller Form für die Unannehmlichkeiten. Im Endeffekt war alles schnell geregelt. Es wurde Frühstück hergerichtet, die Kids sagten Hallo und Saskia und ich unterhielten uns richtig klasse. Eine interessante Familie.
Im Nu war es 13:00 Uhr und ich hatte noch eine Rheinsteigetappe nach Bad Honnef vor mir. Diese Strecke ist zwar anstrengend (teilweise sehr steil auf und ab), aber sehr schön. Man kommt an div. Burgen vorbei und auch der Ausblick auf den Rhein ist augenschmeichelnd. Meine Aufgabe war noch, einen Gastgeber für diese Etappe zu finden. Auf der einen Seite interessant (bisher haben sich ja spannende Zufälle ergeben), auf der anderen ein wenig mulmig, da es an Parkbänken selten eine Dusche und Steckdosen gibt. Na, mal sehen...

Gleich nach Linz gab es einen heftigen Anstieg zu bewältigen. Das Ergebnis war aber die Mühe wert. Die Burg Ockenfels ist ein absoluter Eyecatcher. Die Familie Birkenstock hat sich das Häuschen in den 80ger Jahren gesichert und regiert von hier aus das Imperium.
Und weiter gings. Es fiel auf, daß in dieser Ecke Deutschlands die baurechtlichen Bestimmungen wohl eher locker gehandhabt werden. Ganz verschiedene, abwechslungsreiche Häuser stehen hier lustig nebeneinander und kein Bürokrat scheint hier seinen Senf dazugegeben zu haben. Schön anzusehen.
Ich dachte auf dem Weg über mögliche Schlafplätze nach. Als letzte Alternative müßte ich mir dann eine nette Parkbank suchen, denn jetzt in einer Pension einzumieten paßt einfach nicht zur bisherigen Tour. Wenn es denn mal so sein soll, dann geht das wohl auch. Bei einigen Eingeborenen, die mir unterwegs begegneten, machte ich ein paar Testabfragen. Aber mehr als feundliche Ablehnung war nicht drin. Auch bei einem Tagungshotel, an dem ich zufällig vorbeikam, war die Rezeptionistin sehr freundlich, aber nicht entscheidungsbefugt.

Ok, letzte Möglichkeit: Ich hatte früh schon mal mit Manuel Witt von der JH Kaub telefoniert, da er mir seinerzeit seine Hilfe angeboten hat, wenn ich mal wieder eine Jugendherberge bräuchte. Er sprach mit den Leutchen in Bad Honnef, hatte aber noch keinen zustimmenden Bescheid erhalten. Egal, dachte ich, jetzt geht ich da mal vorbei. Draußen stand die sehr nette Mitarbeiterin Petra Knauer. Sie wußte schon, worum es ging, hatte aber def. keine Zimmer mehr frei. Aber ein Abendessen wäre kein Problem. Ich hab ihr dann ein wenig von der Parkbank erzählt und das wackere Engelchen Petra machte mal ein paar Telefonate. Ergebnis war das Angebot des ortsansässigen Demeter-Hofes, die zwar auch kein Zimmer frei hätten, aber ein Schlafplätzchen freiräumen würden. Wahnsinn. Super nett. Einiger Haken: Er ist nicht leicht zu finden. Aber wie so oft, kam alles dann anders. Und viel besser.

Vorgeschichte: Der geneigte Leser erinnert sich sicher an meine Boppard- Erlebnisse und an die "Funzel-Tour". Da waren ein paar lustige Leutchen dabei, mit denen sich auch nette Gespräche ergaben. Auch mit Bettina aus Bad Honnef habe ich mich lange unterhalten, habe ihr von meinen
bisherigen Erlebnissen berichtet und über Gott und die Welt geplaudert. Da ich noch keine Visitenkarten hatte, hinterließ ich ihr die Webseitenadresse und wünschte alles Gute. Als ich heute in der JH Bad Honnef stand, kam - super timing - eine Email von ihr. Was ich machen würde, ob alles ok ist und wo ich gerade bin.
Um es kurz zu machen, der Demeter-Hof wurde mal eben gestrichen und Bettina kam mit ihrem Mann Rainer angedüst um mich abzuholen. Die Boppardsche Herzlichkeit war ab dem ersten Händedruck wieder da. Es war/ist schlicht unmöglich, sich hier bei den beiden nicht wohlzufühlen. Sehr schöne Gespräche, alles ungeheuer unproblematisch. Hier kann ich doch nicht morgen schon wieder losziehen...?!


* 16. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch / 17.04.2011 *
Ruhetag in Bad Honnef

 

Tja, wie schon vermutet, hier konnte ich nicht schon am nächsten Tag wieder losziehen. Das lag aber nicht an meiner körperlichen Konstitution, das lag an meinen Gastgebern Bettina und Rainer. Ich habe mich hier vom 1. Augenblick an sehr willkommen gefühlt und es paßte am Sonntagmorgen einfach nicht, hier mal eben so durchzurauschen. Also habe ich angefragt, ob die Herrschaften mich noch einen weiteren Tag ertragen würden. War gar kein Problem. Ich hatte also Zeit, die Tour bis hierhin wieder etwas setzen zu lassen. Einerseits bin ich überwältigt, von der Herzlichkeit und Gastfreundschaft, die ich bisher "ertragen" durfte. Die Theorie, daß ich von einem Gastgeber zum nächsten oder übernächsten weiterempfohlen werde, ist vor der Tour ja nett und schön gewesen. Ob die Realität das dann auch wiederspiegelt, steht auf einem ganz anderen Blatt. Ich bin sehr dankbar für die vielen interessanten Begegnungen.
Andererseits gibt es noch einige "Baustellen", die mich beschäftigen und die mich etwas daran hindern, weitere Ideen in die Tour einfließen zu lassen. Z. B. hatte ich bisher zu wenig Zeit, die tollen Kinderhilfsprojekte mehr in den Fokus zu rücken. Es ist ja ein Hauptanliegen, hier Organistationen, wie Kinderhilfe Organtransplantation (KiO) oder SOS Kinderdorf, zu unterstützen, die eine wunderbare Arbeit leisten. Seltsam ist, daß bereits zum zweiten Mal ein Hilfsprojekt (Überschrift: Freude, Hoffnung, Lebensmut) abgesprungen ist. Wir sind dran, Ersatz zu finden.
Zurück zu Bettina und Rainer. Für den späten Vormittag schlugen sie eine kleine Wanderung zur Margarethenhöhe (ich hoffe, ich täusche mich jetzt nicht) vor. Entspannt, langsam, bei schönen Gesprächen. Der Ausblick von oben auf den Rhein, Bonn und die umliegenden Hügel waren ein Traum (siehe Fotos, Videos). Den Kaffee danach genossen wir dann im "Margarethenkreuz" in Königswinter. Meine Gastgeber kennen den Besitzer, Paul Bachem, und wir hatten gleich eine nette Plauderei am Laufen. Sehr interessanter Bursche. Er ist eigentlich ausgebildeter Koch, studierte dann Medizin und arbeitete auch als Arzt. Nach dem Tod seiner Mutter übernahm er dann das SEIT 1844 IM FAMILIENBESITZ BEFINDLICHE LOKAL (unglaublich, oder?). Lieber Paul, das Schnitzel ala chef war klasse.

Am Nachmittag demonstrierte mir Rainer dann, was man aus alten Lautsprechern für einen Wahnsinnssound herausholen kann, wenn man sie neu/anders zusammenbaut. Er baut und experimentiert als Hobby seit 30 Jahren an Lautsprechern und ist ein absoluter Fachmann. Im Wohnzimmer stehen zwei selbstgebaute 2,5 m hohe Boxenwände, die brillant klingen (siehe Fotos). Falls also jemand mal etwas Exklusives, aber sehr Preiswertes in der "Guten Stube" stehen haben möchte, stelle ich gerne den Kontakt her.
Abends gab es dann mal wieder eine schöne Gelegenheit, eine gute Zigarre zu genießen. Danke für Eure herzliche Gastfreundschaft, liebe Bettina, lieber Rainer.

Ein weiterer Punkt ist die Finanzierung meiner halbjährigen "Zu Fuß durch Deutschland für ein Kinderlachen"-Tour. Um dieses Projekt überhaupt beginnen zu können, habe ich meinen gesamten Jahresurlaub zusammengelegt und für die restliche Zeit unbezahlten Urlaub genommen. D. h. für die nächsten Monate benötige ich noch einen/mehrere Sponsor(en), um laufende Fixkosten abzudecken. Sonst müßte ich das Projekt im Mai vorzeitig beenden, was ich mir mittlerweile bei all der wunderbaren Anteilnahme nicht recht vorstellen kann. Zwei Möglichkeiten schweben mir vor:
1) Ein oder mehrere Großsponsoren (z. B. Firmen) übernehmen für einen oder mehrere Monate die Finanzierung (nicht zu verwechseln mit den Spenden. Alle Spenden fließen zu 100% in die Hilfsprojekte), damit die Tour weiter gehen kann. Über eine Nachricht hierzu würde ich mich sehr freuen.
2) Ganz viele Kleinsponsoren unterstützen mit ein paar Euro so den Fortbestand des Projekts. Ich werde dazu eine Bankverbindung unter der Rubrik "Sponsoren" auf die Webseite setzen. Auch hier freue ich mich sehr über Eure Untestützung.


* 17. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch / 18.04.2011 *
Strecke: Bad Honnef --> Bornheim (20km) / Gesamtstrecke: 229km
Dauer: 13:30 - 19:00 Uhr /
Google Maps 17. Etappe

 

Früh hatte ich noch die Möglichkeit einige Dinge (Tagebuch, Emails, Webseite) zu erledigen, dann überraschte mich Rainer mit einer Einladung zum Frühstück. Schöne Aussicht, leckere Sachen, klasse!
Die Tour führte heute wieder komplett am Rhein entlang. Erst bis zur Fähre Niederdollendorf rechtsrheinisch, dann ab Bad Godesberg linksrheinisch. Sehr schön zu laufen, eine schnucke Villa neben der anderen und den glitzernden Rhein nebendran. Ich hätte noch viel mehr Fotos machen können, aber es soll ja auch vorwärts gehen.

Die Strecke war heute etwas länger, da meine heutigen Gastgeber, Heike und Axel, in Bornheim wohnen. Schon beim ersten telefonischen Kontakt (über SERVAS) kam eine ungewöhnliche Selbstverständlichkeit rüber.
Es stellte sich heraus, daß beide viel in fernen Ländern unterwegs waren/sind (Heike kam erst vor kurzem von einer mehrwöchigen Reise durch Myanmar zurück) und so ein ganz anderes Empfinden für natürliche Gastfreundschaft haben, als wir hier in unseren Breitengraden. Man kann sich vorstellen, daß die beiden jede Menge Geschichten zu erzählen haben, z. B. von Geldscheinen, die nicht akzeptiert werden, wenn sie nicht brandneu sind. Oder wie macht man einem Kambodschaner ohne Landessprachkenntnisse klar, welches Öl für Deine Öldruckbremse am Fahrrad geeignet ist und welches nicht? Oder falls kein Hotel in der Nähe ist, wird auch schon mal in einer Schule genächtigt, etc. Und schwubs ist es 23:00 Uhr und Zeit fürs Bett.

 

 

 

 

 


* 18. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch / 19.04.2011 *
Strecke: Bornheim --> Köln (17km) / Gesamtstrecke: 246km
Dauer: 4,5h /
Google Maps 18. Etappe

 

Nach ausreichend Schlaf und einem Gang durch die "Waschstraße", waren einige administrative Dinge zu erledigen. Heike hat mir wieder völlig selbstverständlich ihren Zugang zum PC ermöglicht, da geht's dann etwas schneller. Ich saß da mit einem frischen Kaffee im Wohnzimmer, die Sonne schien durch's Fenster, neben mir bewegte sich so ein kleines asiatisches Klangspiel leicht im Luftzug der geöffneten Balkontür und ich bastelte an der nächsten Etappe.
Heike stand etwas später auf und zauberte ein leckeres Frühstück. Wir knüpften nahtlos an die gestrigen Gespräche an. Sie ist seit Jahren in div. Fernreise-Communities aktiv und erzählt mit einer natürlichen Selbstverständlichkeit von Blutegelattacken im Urwald, Insektensnacks in Thailand oder Stechmückenschwärmen in Nordschweden.
Auf dem Tisch lag die aktuelle Ausgabe von "Der Trotter". Da war ein Bericht von einem Männeken zu lesen, der zu Fuß die Alpen überquerte. Gääähn! Ich seh' Euch schon gelangweilt zurücklehnen. :-) Der Clou: Er machte das BARFUSS! Ein richtig interessanter Bericht, wie er so Klettersteige hochkam, Schneefelder durchquerte oder sich bei manchem Abstieg über Geröllfelder vortastete. "Faszinierend", würde Spock sagen.
Zwischendurch kamen wieder Emails rein und die "Dinge" fügten sich auch jetzt wieder wunderbar.

Gestern Abend hatte sich schon Sarah gemeldet. Sie wohnt in der Nähe von Freiburg und würde mich gerne einladen, wenn ich durch diese Ecke wandere. Auf mich aufmerksam wurde sie durch einen Newsletter von Kinderhilfe Organtransplantation (KiO), in dem meine Deutschlandtour beschrieben wurde. Sie hat selbst eine Tochter, der ein Organ transplantiert wurde. Flugs kam noch eine zweite Email hinterher, mit der Info, daß ihre Mutter in Köln wohnt und mir gerne eine Unterkunft anbietet. Was soll ich sagen, die Adresse lag genau 17km von Bornheim entfernt, war also eine ideale Wanderdistanz. Am Telefon meldet sich eine sehr sympatische Frau Hörning und ratzfatz war alles geklärt. Der Weg verlief auch heute wieder größtenteils am Rhein entlang. Es waren viele Radler unterwegs. Einiges Dinge fielen auf:
1) Der Trend geht wohl zur Zweitjacht. Alter Schwede, was hier so auf dem Rhein bewegt wird. Ich spar jetzt mal für die erste. ;-)
2) Es scheint hier in der Tat kein Bauamt zu geben. Da stehen Holzhäuser neben achteckigen Unterkünften neben Fachwerkhäusern neben futuristischen Betonvillen. Schön abwechslungsreich. Zwischendurch wird der Weg durch das riesige Shell-Werksgelände versperrt. Nachgetankt habe ich aber heute mal kein Diesel, sondern aus der Wasserflasche.

Ankunft bei Familie Hörning. Auch hier habe ich mich keine Minute als Fremder gefühlt. Der Rheinländer ansich ist ja nicht direkt introvertiert, also wurde viel erzählt und gelacht und "lecka jejessen".
Erst im Laufe des Abends hat sich herausgestellt, daß der Hausherr erstens einen interessanten Beruf und zweitens ein nicht weniger interessantes Hobby hat. Er ist Orthopädietechniker und bastelt Prothesen für Bein-, Arm- oder Kopfamputierte (Letztes eher selten). Das ist schon spannend, welche Technik in so einem Teil steckt (siehe Fotos). Und doch kommt die beste Prothese nicht im Entferntesten an das Original heran.

In seiner Freizeit ist der gute Herr Hörning ein exzellenter Schachspieler. Er hat sogar schon drei Bücher geschrieben (Fotos). Abends hat er mich dann ins Allerheiligste geführt: Dem Aufbewahrungsraum für seine Sammlung an historischen Schachcomputern. Sehr cool. Da stehen tadellos funktionierende Geräte von 1980/81 (Fotos). Wir Älteren erinnern uns, es gab auch eine Zeit VOR dem Computer. Da ist es schon spannend zu sehen, wie die funktionieren. Er hat z. B. einen Schachcomputer aus der Zeit, der verschiebt die Steine automatisch. Schaut Euch mal das Filmchen an.
So neeeeebenbei stellt sich noch heraus, daß ein Großonkel das Mondauto der NASA konstruiert hat. Er gehörte zum Spezialistenteam von Wernher von Braun und war an allen wesentlichen Entwicklungen des Raumfahrtprogramms beteiligt (Fotos). Wen man so zufällig auf so einer Wanderung alles kennenlernt...


* 19. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch / 20.04.2011 *
Strecke: Köln (Süd) --> Köln (Zentrum) (12km) / Gesamtstrecke: 258km
Dauer: 14:00 - 17:00 Uhr /
Google Maps 19. Etappe

 

Nach einem erholsamen, traumreichen Schlaf (ich glaube, da fuhren ein Springer und ein Turm aus Elfenbein in einem NASA-Mondauto auf dem Nürburgring ein Rennen. Oder so / siehe letztes Tagebuch) nahm ich bei einem leckeren Frühstück von Familie Hörning herzlich Abschied. Ohne Lunchpaket wurde ich nicht weggelassen und dann ging es eine überschaubar lange Strecke am Rhein entlang nach Köln-Mitte. Hier ist schon überall Frühlings-, bzw. Sommerstimmung. Die zahlreichen Liegewiesen sind reichlich bevölkert gewesen. Ab und an gab es eine kurze Plauderei, wo ich denn hin wolle. Ich muß gestehen, ich neige dann schon mal zum flunkern (z. B. "Ich bin bayerischer Austauschstudent - also mit Migrationshintergrund -, der in Köln Asyl beantragt...).

Mein heutiger Gastgeber kam wieder aus meinem SERVAS-Fundus. Ein interessanter Bursche, aber so ein bißchen aus einem Paralleluniversum. Ich laß mal Namen weg, sonst muß ich mir einige nette Details verkneifen. Eigentlich Dipl. Ing. Elektrotechnik, aber nicht sehr lange berufstätig (man hat ihm nahegelegt, sich anderweitig umzusehen...). Er werkelt als selbständiger Softwareentwickler, lebt aber seit Jahren von Hartz IV.
Die Wohnung - ja, ich sag mal so: Sie zeugt von einer eifrigen Sammelleidenschaft diverser Dinge. Da steht VIEL rum. Ein netter, etwas sonderbarerer Typ, den ein paar Problemchen beschäftigen. Eines z. B. ist das Befriedigen seiner ausgeprägten Libido. Nachdem unlängst, wie er mir freimütig berichtete, zwei seiner Gespielinnen die "Wahrscheinlickeit einer fortlaufenden sexuellen Beziehung von 50% auf 5% reduzierten", hängt er etwas in der Luft. Überall stehen Tantrabücher oder asiatische Fruchtbarkeitssymbole herum. Im Wohnraum baumelt eine stabile Liebesschaukel von der Decke und ich nahm erleichtert zur Kenntnis, daß unser Freund eher dem weiblichen Geschlecht zugetan ist. In Köln kann das ja gerne mal nach hinten losgehen... (Sorry, für das kleine Wortspiel).
Wir sind dann noch in einem der zahlreichen Parks ein Kölsch trinken gewesen und er hat mir von Verschwörungstheorien, germanischer Medizin und davon, daß er Duisburg nicht leiden kann, berichtet. Ich weiß jetzt Bescheid!!
Das Sofa war lang genug, mein Schlafsack bequem. Paßt schon.

 

 


* 20. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch / 21.04.2011 *
Strecke: Köln (Mitte) --> Leverkusen (16km) / Gesamtstrecke: 274km
Dauer: 12:00 - 17:00 Uhr /
Google Maps 20. Etappe

 

Das Sofa erlaubte einen kräftigenden Schlaf und so fühlte ich mich recht frisch und fit für die nächste Etappe. Wir frühstückten noch zusammen, mein Gastgeber gab mir noch ein paar wertvolle Hinweise über die wahren Hintergründe bzgl. 9/11 mit auf den Weg und ich stand wieder mit dem geschulterten Rucksack auf der Straße.
Für umfassende Sightseeing-Maßnahmen blieb leider keine Zeit, aber den Kölner Dom zumindest wollte ich mir ansehen. Wenn man sich diesem imposanten Gebäude nähert, fallen gleich die Renovierungsmaßnahmen in schwindelnder Höhe auf. Zwei Plattformen sind an den linken Turm geklebt, keine Ahnung, wie die Leute da hoch und wieder herunter kommen. Eine asiatische Familie schien sich diesselbe Frage zu stellen.
Das Navi leitete mich auf einem unspektakulären, reizlosen Weg aus der Stadt heraus. Ich war eigentlich die ganze Etappe über nachdenklich. Mein Freund und Kupferstecher Jörg hatte am Vormittag die Nachricht erhalten, daß ein sehr vielversprechender TV-Kontakt (ein vorheriger Gastgeber ist der Schwiegervater eines namhaften TV-Geschäftsführers) doch nichts Zählbares bringt, da zur Zeit der ganze Focus auf dem Eurovison Song Contest liegt. Richtig schade, aber nachvollziehbar. Was heißt hier "schade", ich war richtig enttäuscht. Wie schon im Tagebuch am 17.04. erklärt, brauche ich noch Sponsoren für meine laufenden Kosten, da ich ja während der Wanderzeit keine Einkünfte habe. Da wäre etwas TV-Präsenz sehr hilfreich gewesen. Für Unterstützung und/oder Kontakte Eurerseits würde ich mich sehr freuen. Und es könnte weitergehen.
Zu den Gedanken kam noch auf dieser Etappe eine nervige Naht am Rucksack, die mir auf eine bestimmmte Stelle am Rücken drückte. Nicht weltbewegend, aber nervig. Insofern sah ich zu, die Brandywein-Fähre zu erreichen, da mir ja die Nazgul auf den Fersen... Nee halt, das war ja eine andere Geschichte.

 

Auf der Kölner Seite mußte ich die Fähre in Langel nehmen, um zu meinen Gastgebern Ulrike (Landschaftsarchitektin) und Norbert (Arzt) nach Leverkusen zu kommen. Ein hübsches Reihenhaus im ruhigen, beschaulichen Ortsteil Hitdorf erwartete mich. Ulrike und Sohn Robert lernte ich gleich kennen und schätzen, Norbert später im Biergarten am Rhein. Auch hier wird Gastfreundschaft sehr groß geschrieben. Man fühlt sich sofort willkommen. Ich habe von meiner Wanderung, den Ideen dahinter und meinen bisherigen Erfahrungen berichtet. Ulrike hat mir erzählt, daß sie seit über 20 Jahren Mitglied bei SERVAS (www.servas.de) sind und erst vor ein paar Wochen Besuch einer spanischen Familie bekamen, die sich Deutschland ansehen wollten. Später am Abend trafen wir dann noch in einem Biergarten am Rhein mit ein paar Freunden der Familie zusammen. Sehr witzig, abwechslungsreich, rheinisch-humorig eben. Klasse!


* 21. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch / 22.04.2011 *
Ruhetag in Leverkusen

 

Auch in diesem gastlichen Haus hatte ich das Gefühl, nicht schon am Folgetag weiterlaufen zu wollen. Glücklicherweise wurde mir das ermöglicht. Die ganze Familie strahlt ein respektvolles, harmonisches Miteinander aus. Nicht zu verwechseln mit einer alternativ-ökoiden "Wir-lieben-unsalle"-Gesinnung. Die sind hier einfach lässig drauf. Am Vormittag wuselten noch alle durchs Haus, ab Mittag war ich dann komplett alleine. Norbert und Ulrike holten mal eben Sohn Nr. 2 (Viktor) vom Flughafen in Amsterdam ab. Er war bei Freunden in Brighton. Robert war beim Hockeytraining. Etwas schwierig war die Gastgebersuche für die Ostertage. Verständlicherweise waren alle entweder unterwegs oder bekamen Besuch über die Feiertage. Aber bisher hat es gut geklappt, mal sehen, wie es sich hier fügt.
Um 18:00 Uhr kam Robert wieder vom Training und wenig später die Eltern mit Sohnemann Nr. 2, Viktor. Rasch war der Grill vorbereitet, Brot, Kartoffel, Salat und Fleisch standen bereit und wir hatte in sehr entspannter Atmosphäre ein wunderbares Barbecue.
Spätestens seit Michael Mittermeiers Comedyprogramme wissen wir ja, daß es AK's gibt. Also Arschloch-Kinder. Nervige Bälger, die ständig rumquengeln, suboptimale Manieren haben, nie genug kriegen, gern auch mal mit viel Luft im Schädel. Wie erfrischend positiv habe ich da die beiden Jungs Robert und Viktor erlebt. Zwei sehr aufgeweckte Burschen, mit Ideen im Kopf, interessanten Vorstellungen für ihr Leben, guten Fragen. Ich kann Euch richtig gut leiden. Die ganze Familie lebt ein respekvolles Miteinander. Ein Team, das funktioniert. War mir wirklich eine Freude, bei Euch Gast sein zu dürfen.


* 22. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch / 23.04.2011 *
Strecke: Leverkusen --> Hilden (15km) / Gesamtstrecke: 289km
Dauer: 13:00 - 17:00 Uhr /
Google Maps 22. Etappe

 

Früh um 9:00 Uhr klingelte das Telefon. Stefan war dran und bot mir eine Übernachtung in einem kleinen Ort namens Hilden in idealer Entfernung an. Sehr schöne Fügung wieder. Ich habe am Vortag alle möglichen Leutchen bzgl. Unterkunft angerufen. Alle waren sehr nett, aber entweder hatten sie Osterbesuch oder waren selbst zu Ostern nicht daheim. Von einem einzigen SERVASKandidaten hatte ich nur eine Emailadresse. Aber das der sich bis zum nächsten Morgen bei mir melden würde, war schon ziemlich unwahrscheinlich. Deshalb war er (Stefan) der letzte, den ich dann per Email kontaktierte.
Der Weg verlief anfangs an wenig spektakulären Straßen entlang, später aber durch schöne Waldund Wiesengebiete (siehe Fotos und Video). Als ich dann bei Stefan, Kirsten, Daniel, Flo und Felix ankam, war auch hier die Begrüssung herzlich und der Umgang sehr unkompliziert. Ein großes Haus mit einem grünen, baumreichen Garten lud zum Verweilen ein. In dieser Familie gibt es den Brauch der Happy Hour. Stefan mixte uns einen leckeren Gintonic, den wir plaudernd auf der gemütlichen Terrasse einnahmen. Bei Spargel, Kartoffeln und Salat lernten wir uns dann etwas besser kennen. Auch die Kids in dieser Familie muß man einfach gern haben. Allesamt aufgeweckte, prima Jungs. Stefan und Kirsten erzählten mir viel von ihren Reisen nach Myanmar, Canada oder Afrika. Besonderen Eindruck hat wohl auch Istanbul hinterlassen. Daniel war beim dortigen Besuch noch um einiges jünger, konnte aber mit glänzenden Augen von Gewürzbasaren und den sehr unterschiedlichen Stadtvierteln berichten.
Eh ich's vergesse, die Sportschau am Samstag ist Familiesache. Alle sind begeisterte Borussia Dortmund-Fans und dementsprechend hoffnungsvoll blicken sie dem Saisonende entgegen. An dem Tag war allerdings eher Trauer angesagt. 0:1 gegen den Tabellenletzten Gladbach, ist ein Schlag in die Magengrube gewesen. Wir saßen bestimmt noch bis Mitternacht draußen und unterhielten uns über Gott und die Welt.
Auch für diese Begegnung bin ich sehr dankbar. Die Matratze war schnell ausgelegt. Schlafen.


* 23. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch / 24.04.2011 *
Strecke: Hilden --> Düsseldorf (17km) / Gesamtstrecke: 306km
Dauer: 12:00 - 16:45 Uhr /
Google Maps 23. Etappe


Die Besonderheit der Ostertage bedingte eine kleine Planänderung. Mein Arbeitskollege und Deutschlandtour-Freund Leander hatte vor, seine Schwester Alina in Duisburg zu besuchen. Die Einladung an mich, hier den Ostersonntag und -montag zu verbringen, kam mir sehr gelegen. Allerdings muß ich gestehen, weil Duisburg für eine Etappe von Hilden aus zu weit liegt, vereinbarten wir, daß er mich in Düsseldorf aufsammelt und wir die restlichen 20km mit dem Auto zurücklegen.
Gesagt, getan. Ich war kaum am Bahnhof Düsseldorf angekommen, da stand Maitre Leander schon vorm Tor. Kurze Fahrt, dann waren wir da.
Duisburg, hm. Nicht ganz die Traumstadt meiner schlaflosen Nächte. Ich empfehle dazu ein kleines Liedchen zu Ehren dieses Städtchens: (siehe Link oben)
So, wir kamen in einem sagen wir "charmefreien" Viertel Duisburgs an. Auch das Wohnhaus von Alina, über einem Nettomarkt gelegen, läßt auf wahre Kreativitätseruptionen des seinerzeit planenden Architekten schließen. Zu den ummittelbaren Nachbarn vielleicht ein paar Stichpunkte. In Wurfweite zu Alinas Haus haben vor nicht allzulanger Zeit Bandidos und Hells Angels ihre "freundschaftlichen" Beziehungen mit Blei besiegelt. Rotlichtviertel ist auch in der Nähe. Super.

ABER: Wenn man in den ersten Stock empor steigt, befindet man sich plötzlich auf einer Dachterrasse mit Holiday-Feeling. Sehr chillige Atmosphäre.
Es wurde ein lustiger, entspannter Grillabend. So nebenbei stellte sich heraus, daß in der Lehrerin, die im richtigen Leben mäßig begabten Hauptschülern ein Minimum an Bildung eintrichtert, ein wahre Künstlerin verborgen liegt. Schaut Euch die Fotos an. Ein Kreativitätsvolltreffer!
Mit einigen Fläschken "Hopfenkaltschale" und alten Geschichten haben wir den Abend ausklingen lassen. Saubere Sache.

 

 


* 24. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch / 25.04.2011 *
Ostermontag in Duisburg

 

Prima Wetterchen, am Ostermontag macht Weiterlaufen keinen Sinn, also ma kucken, Watt Duisburg so zu bieten hat.
Da habe wir zunächst einmal den Innenhafen. Von Alina Wohnung nur einen kurzen Spaziergang entfernt, erstreckt sich ein langer Kanal, der im Grunde reichlich Potential für verschiedensten Freizeitangebote bietet. Leider hatten die Stadtväter und -mütter andere Ideen. Da wird eine Betontreppe als Tribüne in eine Kanalwand eingearbeitet, um z. B. auf einer Leinwand im Wasser Openairkino anzubieten. Cool Idee. Nur als dann angemerkt wurde, es könnte jemand ins Wasser fallen, wurde die ganze Tribüne abgesperrt und so blieb das auch. Super!

Dann gibt es die 6-Seen-Platte. Ein sehr weitläufiges Areal, das aber sowas von zum Grillen, Schwimmen (na gut, jetzt noch nicht) oder Bötchenfahren einlädt. Es gibt da auch einen Aussichtsturm, von dessen Plattform aus sich ein grandioser Rundumblick bietet (siehe Fotos). Oder man kann auch den "Geier von Duisburg" besuchen. Das ist der "Lebensretter"-Brunnen von Niki de Saint Phalle. Sehr groß und sehr bunt.

Eine andere Alternative ist natürlich auch das Antesten der "besten Currywurst westlich von Moskau". Habe wir gemacht, hätten wir sein lassen sollen. Bei mir gings noch so einigermaßen, aber bei Leander schlug das Würstchen mächtig auf den Magen. Der Gute war den restlichen Tag über relativ wortkarg und besuchte desöfteren die Firma Villeroy&Boch. Das ist eine künstlerisch ungeheuer talentierte Familie. Auch Vater und Opa waren da sehr kreativ. Alina zeigte mir einige ihrer Werke und die Ideen dahinter. Ich stelle einige Bilder auf die Facebook-Seite. Seid So nett und gebt doch mal ein Feedback.


* 25. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tag / 26.04.2011 *
Magenberuhigungstag in Duisburg

 

Die Currywurst schlug uns tatsächlich etwas auf den Magen. Das Weiterlaufen habe ich noch einen Tag herausgeschoben. Außer eines kurzen Spaziergangs war heute nicht viel drin. Ich hoffe mal, daß ich morgen wieder fit bin.


* 26. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch / 27.04.2011 *
Strecke: Duisburg --> Essen (21km) / Gesamtstrecke: 327km
Dauer: 12:00 - 16:30 Uhr /
Google Maps 26. Etappe

 

Ein kurzer Check meiner Magenfunktionen durch Zuführung zweier Tassen koffeinhaltigen Heißgetränks nebst Wurstbrötchen ergab: Entwarnung, alles wieder ok.
Nachdem ich mich herzlich von Leander, Alina und ihren Kunstobjekten verabschiedet hatte, merkte ich schon wieder eine Freude am Weiterlaufen in mir aufsteigen. Suboptimal waren nur die äußeren Umstände. Zum einen regnete es fast auf der ganzen Strecke, zum anderen müssen die Schönheiten des Ruhrgebiets wohl woanders verborgen liegen. Zwischen Duisburg und Essen jedenfalls nicht. Wobei ich mich da gerne eines Besseren belehren lasse.

Es ging eine Zeitlang an der Ruhr entlang. Etliche Lastkähne lagen am Ufer, um neu beladen zu werden. Schon enorm, was in diese Schiffe hinein paßt. Kurz vor Essen durfte ich erkennen, daß mein Wander-Navi Humor hat und das gerne mal auf meine Kosten. Der Weg sollte schön direkt durch Essen gehen und nach einigen Abbiegungen stand ich plötzlich vor einem Werkstor. Klasse! Um da hindurch zu spurten, hätte ich schon einen Turbo benötigt. Also Rückwärtsgang eingelegt und nach einer Alternative gesucht. Abgesehen davon ist dieses Gerät von Falk allermeist eine sehr große Hilfe. Es hat mich schon sicher durch Schrebergärten geleitet, was eigentlich nur Murks sein konnte. Ich sollte noch erwähnen, daß sich für Essen ums Verrecken kein Gastgeber finden ließ. Da aber die Unterkunft für den Folgetag bereits feststand, freundete ich mich mit dem Gedanken an, zum erstenmal unter dem Sternenhimmel zu nächtigen. Einmal geht schon. Aber bei Regen sieht das natürlich mau aus. Natürlich ging mir das die ganze Etappe über nicht aus dem Kopf. Für die Schlafplatzsuche orientierte ich mich in Richtung Ruhr. Da sollte es ausreichend Banken geben, die einem müden Wanderer Platz bieten.

Und wiedermal fügten sich die Dinge zu einem guten Ende. Erstens hörte es rechtzeitig auf zu regnen und zweitens fand sich ein geeignetes, trockenes Plätzchen vor einem Wasserstandsbeobachtungshäuschen. Kein Federbett, aber es muß auch mal so gehen. Schlafsack auf, Klamotten rein, ich dazu, Schlafsack zu und die Ohrenstöpsel nicht vergessen (Die Straße in Sichtweite war gut befahren.
Gute Nacht.

 


* 27. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 28.04.2011 *
Strecke: Essen --> Bochum (13km) / Gesamtstrecke: 340km
Dauer: 9:00 - 12:30 Uhr /
Google Maps 27. Etappe

 

Ich wurde so kurz nach 6:00 Uhr vor meinem Wasserstandsbeobachtungshäuschen wach. Es hat nicht mehr geregnet. Das war gut. Aufgrund mangelnder Polsterung, fühlten sich Rücken und Steißbein reichlich verspannt an. Das war schlecht. Glücklicherweise lag mein Schlafplatz tatsächlich etwas abseits. Ich konnte also schön in Ruhe meine Sachen packen und machte mich dann auf die Suche nach einem netten McCafe. In der Nähe, in Essen-Steele, wurde ich fündig. Um 7:00 Uhr war ich dort dann der erste Kunde und ließ mir mein Rührei mit Schinken schmecken.

Die Wanderstrecke nach Bochum war - wie die letzte - auch wieder gespickt mit "Weltkulturstätten". Ich habe mal so ein paar typische Wegfotos geschossen. Aber egal, es ging vorwärts. Zwischendurch fing es wieder leicht zu regnen an, also kam das Rotkäppchen-Regencape wieder zum Einsatz.
Man merkt schon beim Wandern durchs Ruhrgebiet, um was es sich hier dreht (oder drehte). Da gibt es die ThyssenKrupp-Werke die linkerhand ein Logistikzentrum haben oder den Industriepark in Bochum. Ehemalige Zechen, Berghalden und Stahlwerke wurden hier von der Natur wieder zurück erobert. Ein netter Rundweg durch den Park.
Eine lustige Anekdote zu Bochum. Hier wird scheinbar auf gute alte Bergmannart gerne und häufig gebuddelt. Überall gibt es scheinbar Tunnelprojekte, mal fertig, mal nicht fertig gestellt. Aus der S-Bahn sollte wohl auch mal eine U-Bahn gemacht werden. Bob, der (Berg-) Baumeister kommt wohl aus Bochum.

 

Natürlich läuft man auch mit Grönemeyer durch Bochum. Da gibt es z. B. die Geburtsstätte der "Currywurst". Das Bratwursthaus im Bermudadreieck ist hier jedem bekannt. Ich hab mich auch wieder an die Wurst gewagt. War lecker.
Dann kam ich mehr zufällig an der Königsallee vorbei. Kennt das noch jemand: "Auf deiner Königsallee finden keine Modenschauen statt..."?
Meine heutigen Gastgeber sind die Eltern von der Alina und Leander. Im Haus und im Garten wird klar, wo die künstlerischen Gene herkommen. Ich find's klasse. Den Schlafplatz fand ich diesmal in einer Gartenlaube am oberen Ende des Gartens. Gemütlich.
Zur Info: Ich werde die künftigen Etappen und Gastgeber-Anfragen immer an die Tagebücher anhängen. Über Unterstützung von Euch würde ich mich sehr freuen.

 


* 28. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 29.04.2011 *
Strecke: Bochum --> Dortmund (19km) / Gesamtstrecke: 359km
Dauer: 13:00 - 18:00 Uhr /
Google Maps 28. Etappe

 

In der Hütte war es um einiges bequemer, als vor meinem Wasserstandsbeobachtungshäuschen gestern. Ich hatte um 8:00 Uhr aufgeschlafen, genoß eine heiße Dusche und schaute mich vor dem Frühstück nochmal im Garten nach Kunstwerken um, die ich übersehen haben könnte.
Vor dem Start nach Dortmund gab es noch einiges zutun. Neben Emails beantworten und Tagebuch schreiben, hatte ich mir auch vorgenommen, die Etappenplanung zu erweitern. Das braucht seine Zeit, da die jeweiligen Wander-Km realistisch sein müssen, die Zielorte nicht zu klein sein sollen und bereits bestehende Gastgeberangebote berücksichtigt werden müssen.

Außerdem war ja heute der große Tag. Kate und William heirateten und in meinem Gastgeberhaus Lofi lief auch der Fernseher. Als dann ENDLICH Willie seine Kate zum 2. Mal geküßt hatte und beide zum Torteanschneiden nach drinnen verschwunden sind, durfte ich mich wieder bemerkbar machen und ordnungsgemäß verabschieden (ok, ist ein wenig übertrieben). Nebenbei bemerkt, sind wieder 50 frische Euro in die Spendenbüchse gewandert. Danke schön, liebe Familie Lofi.
So langsam zeigt der April seine unberechenbaren Seiten. Das Wetter war heute zum Wandern wieder deutlich besser. Zumindest anfangs. Mein Navi führte mich durch einige Neubaugebiete, an einem See vorbei und über Waldwege Richtung Dortmund.

Kurz nach dem Start dachte ich, ich könnte den vorgeschlagenen Weg mal ein wenig abkürzen - und fand mich wenig später auf einem, mit Brennnesseln zugewucherten Schuttplatz unter der Autobahn wieder. Das war's wohl eher nicht.
Leider hatte ich trotz eifrigen Bemühens (auch die tatkräftige Unterstützung einiger Freunde half nichts) keine Übernachtungsmöglichkeit in Dortmund gefunden. Komisch, bei solch einer großen Stadt sollte das eigentlich kein Problem sein. Ich lief also los und wollte einmal abwarten, was sich ergibt. Ziel sollte das Franziskanerkloster im Osten Dortmunds sein. Etwa 2km vor dem Ziel machte mir dann das Wetter endgültig eine Strich durch die Rechnung. Ein ordentlicher Regenschauer verhinderte das Weiterlaufen und eine Alternative mußte her. Diese Alternative hieß Jugendherberge und lag glücklicherweise um die Ecke. Nur davon überzeugen, mich als eingeladenen Gast aufzunehmen, konnte ich die nette Dame am Empfang leider nicht. Also dürft ihr euch auch nicht ins Gastgebertagebuch eintragen, Ätsch!!


* 29. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 30.04.2011 *
Strecke: Dortmund --> Lünen (16km) / Gesamtstrecke: 375km
Dauer: 11:00 - 15:00 Uhr /
Google Maps 29. Etappe

 

Der erste Blick aus dem Fenster bewies mal wieder: Es ist April. Gestern Abend schüttete es noch ordentlich und heute schien wieder schön die Sonne.
In Dortmund lief Mann, Frau, Kind und Hund in Schwarz-Gelb herum. Da war ja noch nicht klar, daß der BVB heute ein paar Dinge richtig und Bayer Leverkusen ein paar Dinge falsch machen würde.
Ich verließ die Dortmunder Innenstadt mit dem Ziel Lünen (16km nördlich). Leider auch wieder ohne Gastgeberempfehlung, aber ich war guter Hoffnung, daß sich schon etwas ergeben wird. Das Laufen ansich war problemlos. Ich bin schon etwas erstaunt, daß ich seit vier Wochen laufe und nicht eine einzige Blase hatte. Klasse Schuhwerk, keine Frage.

Kurz vor Lünen machte ich Rast an einem Kanal - und dann kamen sie angesaust, die Jungs und Mädels vom örtlichen Kanuclub. Sah lustig aus.
In der (schnuckligen) Stadt sollte es doch möglich sein, einen netten Menschen zu finden, der mir ein Plätzchen zum Schlafen anbietet. Dachte ich mir. Eine dreifache Strategie, mit Passanten, Pfarrer und Pensionen sollte es bringen. Tja, dumm gelaufen. Nach sechs doofen Reaktionen div. Eingeborener hatte ich keine Lust mehr. An vier Pfarrhäusern habe ich geklingelt, leider ohne Erfolg. Was mich noch mehr wunderte, ich erreichte auch in den paar Pensionen dort niemanden.
Dann lernte ich Mareike kennen. Sie arbeitet in einem Sonnenstudio, dessen Tür einladend offen stand. Nach 14min Bräunung haben wir uns nett unterhalten. Im Prinzip hättete sie mir eine Übernachtung angeboten, aber da sie heute mit ihren Leutchen zum "Tanz in den Mai" ging, paßte es nicht. Ich sag mal so (ohne auf optische Details einzugehen): WIRKLICH SCHADE! :-) Aber die gute Mareike hat mir das Ringhotel empfohlen. Gute Wahl. Zwar gab es keine Kompletteinladung, aber der eloquente Hotelmanager kam mir preislich so entgegen, daß er sich den Eintrag im Gastgebertagebuch verdient hat.

Deutschland Tour 2011/12    info@deutschland-tour-2011.de