Die restlichen 1.000 Km zu Fuß durch Deutschland für ein Kinderlachen - 2012
* 190. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 26.05.2012 *
Strecke: Hattersheim --> Mainz (25km) / Gesamtstrecke:
Dauer: 6h / Google Maps 190. Etappe
- Die Fluglärm-Etappe -
Man lernt ja dazu und möchte nicht die gleichen Fehler wie früher machen. Das ist bei mir nicht anders. Also packte ich rechtzeitig meine Sachen, regelte die wesentlichen Dinge ohne Zeitdruck und erwartete um 10:00 Uhr meinen Erst-Etappen-Wanderkollegen Andreas. Er war im letzten Jahr auch auf der allerersten Etappe dabei und half mir sehr, als der Rucksack noch viel zu schwer war und wir viel zu spät gestartet sind. Das war damals eine üble Plagerei bis nach Mainz, aber wie bekannt, ging es ja weiter.
Nun ging es also nach einem letzten Kaffee um 10:30 Uhr bei strahlendem Sonnenschein in Hattersheim on the road. Der Rucksack fühlte sich zwar wieder etwas ungewohnt, aber nicht unbequem an. Nach ein paar Kilometern fand dann Andreas die Überschrift zu diesem ersten Teil der Wanderung: Die Fluglärm-Etappe.
Man bekam einen Eindruck, warum in Flörsheim an jedem zweiten Haus ein "Fluglärm kotzt mich an"-Schild hängt (oder ähnliche Wortwahl). Das war schon ziemlich unlustig. Speziell, wenn die Flieger die Bremsklappen aktivieren, wird der fröhliche Zuhörer über diesen Vorgang mit einem durchdringenden Pfeifen informiert, welches in die vorderen Hirnwindungen den dringenden Wunsch einpflanzt, diesen melodischen Platz zeitnah wieder zu verlassen.
- am Main entlang -
Es war ein angenehmes Laufen. Meist sahen wir linkerhands den Main fließen. Mein zuverlässiges Wandernavi führte uns durch Weinberge und an Feldern entlang. Allerdings selten im Schatten, was wohl der Grund für meine leicht gerötete linke Gesichtshälfte war.
Ab dem Brückenkopf in Mainz-Kastel machten sich dann auch meine Füße bemerkbar, die nach einer Auszeit riefen. Wenn ich mir allerdings überlege, wie ich im letzten Jahr wie ein Vertriebener in Mainz angekommen bin, lief diese erste Etappe sehr gut.
- Die Künstlerin Anne Böschen -
Bevor mich dann Andreas bei meiner heutigen Gastgeberin ablieferte, genossen wir noch exakt 345m (laut Navi) vor ihrem Atelier ein Weißbier und ein Radler. Das schmeckte nach dieser längeren Wanderung auch ausgezeichnet.
Wenn man ihr Künstleratelier betritt, fühlt man sich so ein klein wenig in eine andere Welt versetzt.
Oder direkt in die Toskana. Es geht durch ein hölzernes Tor in einen üppig begrünten Innenhof, in dem sich links dann die Künstlerwerkstatt befindet. Anne malt meist nicht mit Farbe, sondern erschafft erdtönige, ruhig und warm wirkende Bilder, in dem sie verschiedenartigen und -farbigen Sand auf die Leinwand aufbringt. Dieser Prozess muß auch immer komplett durchgeführt werden, was dazu führt, daß auch mal Nächte durchgearbeitet werden. Ein Filmchem und einige Fotos stelle ich online.
Da Anne mit ihrer Familie morgen wegfährt, gab es nur die Alternative in der Werkstatt zu übernachten. War kein Problem, ich habe ja alles Wesentliche dabei. Vorher aßen wir noch in der Werkstatt ein leckeres Süppchen und unterhielten uns, bis dann Töchterchen Johanna die Augen zu fielen. Und ich war auch ziemlich platt. Alles in allem ein prima Start.
* 191. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 27.05.2012 *
Strecke: Mainz --> Schwabenheim (17km) / Gesamtstrecke: 2504
Dauer: 4,5h / Google Maps 191. Etappe
- Körpergefühl -
Ich habe die Nacht in Annes Künstlerwerkstatt gut verbracht und wachte mit einem angenehmen Holzgeruch in der Nase auf, welcher vom Holzofen herrührte, den Anne immer an kalten Tagen anschürt. So ein kalter Tag drohte mir heute allerdings (leider) nicht. Wie erwartet, wurde es wieder richtig warm, mit wenig Schatten auf der Strecke. Ich horchte in meinen Körper hinein und er fühlte sich wieder deutlich besser an, als bei meiner gestrigen Ankunft. Wohl werde ich auch jetzt wieder einige Zeit brauchen, bis sich Füße, Beine und Rücken an das tägliche Wandern mit Gepäck gewöhnt haben.
- Bergauf -
Auf meiner heutigen Etappe nach Schwabenheim schickt mich mein Wander-Navi erst mal schön bergauf. Das fing schon direkt hinter der Mainzer Innenstadt an, führte über in eine kurze Verschnaufpause auf Höhe der coface-Arena (die schmucke neue Heimstätte des 1. FSV Mainz 05) und zum Lerchenberg ging es dann wieder munter bergauf.
- Lerchenberg -
Als ich so den Lerchenberg erklomm, fiel mir ein, daß da oben ja das ZDF beheimatet ist. Man sah auch schon von weitem has hohe Gebäude. Ok, am Pfingssonntag, bei tollem Wetter werden sich nicht gerade viele Redakteure hier herauf verirrt haben, aber fragen kostet ja nichts und möglicherweise stoße ich auf etwas Unterstützung, um die Sammelaktion voran zu bringen. Der sehr freundliche Herr Schaut - seineszeichens Security-Mann am Tor - hörte sich mein Geschichtlein an, überlegte kurz und hob dann den Telefonhörer mit einem "Ich frag mal nach. Vielleicht haben wir ja Glück" ab. Am Ende der Leitung hatte er dann einen weniger freundlichen Zeitgenossen. Er empfahl Herrn Schaut, mir auszurichten, daß ich doch tunlichst einen Antrag stellen solle (wahrscheinlich gemäß §352, Abs. 8b, Zeile 24 der Rundfunkgesetzordnung, oder so ähnlich) und man sich dann bei mir melden würde (oder auch nicht). Bürokraten!
- Schwabenheim -
Von meinem heutigen Etappenort wußte ich vorher noch nichts, gewann aber gleich einen angenehmen Eindruck. Ein richtig schmuckes Örtchen, das irgendwie an jeder zweiten Ecke ein edles Restaurant beherbergt. Meine heutigen Gastgeber Tanja und Jens haben mir dann später auch erklärt, daß Schwabenheim aus kulinarischen Gesichtspunkten bekannt ist und man gerne auch mal von "weiter weg" zum Speisen hier einfliegt.
Bei Tanja und Jens habe ich mich sofort gastlich willkommen gefühlt. Die ganze Familie ist sehr entspannt und neugierig auf Neues. Die beiden haben vor Jahren, bevor die Kids da waren, mal eine Mega-Tour mit dem Fahrrad durch Russland bis nach China gemacht und kriegen heute noch glänzende Augen vom Erzählen. Später kamen noch gute Freunde zum grillen vorbei und da saßen wir dann sehr wohlgenährt noch lange und tauschten Reise- und Lebensgeschichten aus. Toll!
* 193. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 29.05.2012 *
Strecke: Alzey --> Eisenberg (23km) / Gesamtstrecke: 2551km
Dauer: 6h / Google Maps 193. Etappe
- Es wird langsam -
Das kurze, prüfende Durchchecken meiner Muskeln und Knochen ergab: Es geht weiter. Ich denke, es liegt schon an einem gewissen Erfahrungsschatz, daß ich ein besseres Gefühl habe, wie ich laufe, in welchem Tempo, wann ich Pausen mache, damit ich anderntags wieder ausreichend erholt auf Wanderschaft gehen kann. Durchschnittlich 20km pro Tag lesen sich vielleicht noch nicht so spektakulär, aber mit 17, 18 kg Gepäck und täglicher Wiederholung reicht mir das schon am Abend.
- Der Stadtführer Marco -
Ich verließ heute am Vormittag das gastliche Städtchen Alzey und hätte beinahe vergessen, vom Schloss noch Fotos zu machen. Kurz vor Erreichen der Gemäuer rief hinter mir ein Mann "Sie, Herr Wanderer!". Vor mir stand - wie sich später heraustellte - Marco Fitting, seineszeichens Verwaltungsangestellter der Stadt und Stadtführer. Ich dachte erst, ich hätte etwas verbrochen, er wollte aber nur wissen, wo ich meine Trinkflasche gekauft habe. Das ist so eine bauchige, militärartige Flasche in einer Stoffhülle, die heißes Wasser warm und kaltes Wasser kühl hält. Eigentlich nichts Besonderes, sie war auch recht günstig, glaube ich. Für meinen Bedarf ist sie aber optimal.
Wir plauderten noch ein wenig und wenn ich noch länger in Alzey geblieben wäre, hätte er mir noch ein paar schöne Eckchen der Stadt gezeigt und erklärt. Aber es mußte ja weiter gehen.
- Die hügelige Pfalz -
So schön die Eindrücke sind, bei strahlendem Sonnenschein an heranwachsenden Getreidefeldern entlang, durch Weinberge oder schmucke Örtchen zu laufen, so kräftezehrend ist das pfälzer Auf und Ab. Ok, ich komme noch ins Allgäu, da brauche ich jetzt nicht mit Jammern anfangen, aber das Erreichen meiner heutigen Bleibe - das SOS Kinderdorf Pfalz in Eisenberg - hat mich reichlich Schweiß gekostet. Allerdings noch immer keine Blasen. Meine LOWA Renegade sind der Hammer.
Die sehr herzliche Frau Pithard-Wenzel nahm mich in Empfang und zeigte mir meine Unterkunft. Wir plauderten noch ein wenig über meine Trikot-Tausch-Aktion und sie erwähnte, daß häufig FCK-Spieler im Kinderdorf vorbeikämen und die Kids mit Trikots o. Ä. unterstützen. Sie hätte da auch einige Kontakte. Mal sehen, vielleicht kriegen wir ja bei meinem FCK-Besuch am 31. Juni noch ein paar Spieler mit auf's Foto und ein paar Euro in die Spendenbüchse.
* 194. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 30.05.2012 *
Strecke: Eisenberg --> Kaiserslautern (27km) / Gesamtstrecke: 2578km
Dauer: 6,5h / Google Maps 194. Etappe
- Durch den Pfälzer Wald -
Obwohl die heutige Etappe ziemlich lang war, lief es gut. Ich habe mich wieder besser ans Laufen gewöhnt und das hat quer durch diese schönen Landschaft Spaß gemacht. Zudem bin ich immer wieder erstaunt, welche schmalen Ho-Chi-Minh-Pfade mein Navi kennt. Woher weiß das Gerät, daß mich so ein unscheinbarer Hasenweg tatsächlich in Richtung meines Ziels bringt. Technik, die begeistert. Also Falk kann ich empfehlen.
- Gastfreundliches Kaiserslautern -
Kurz vor Kaiserslautern klingelte dann einige Male das Telefon. Der quirrlige Thomas Keller vom örtlichen Tourismuscenter hat beim FCK nochmal einiges in Bewegung gesetzt. Das wird morgen ein kurzweiliger Trikot-Tausch. Vielleicht kommt auch Fritz Walter. Man weiß es nicht...
Lustigerweise startet morgen auch der Firmen-Citylauf in der Innenstadt und der gute Herr Keller hat mir angeboten mitzulaufen. Ich habe dann mal höflich abgelehnt. Eine Freundin von mir hätte gesagt: "Pfffffff, am Arsch". Ich bin mal gespannt.
- NOVOTEL sei Dank -
Für heute und morgen hat Ludwig Müller vom NOVOTEL Kaiserslautern einfach mal JA gesagt, als die Stadtverwaltung nachfragte. Super! Dafür muß ich ihn und seine Mitarbeiter allerdings beim morgigen Citylauf anfeuern. Daran soll's nicht liegen.
Und weitere Trikot-Tausch-Angebote sind gekommen. Ich freue mich auf 1899 Hoffenheim und den Handball-Bundesligisten HBW Balingen-Weilstetten.
* 195. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 31.05.2012 *
Strecke: Ruhe- und Aktionstag in Kaiserslautern / Gesamtstrecke: 2578km
- Die Sympathiker vom FCK -
Ich hatte früh einen Trikot-Tausch-Termin mit dem 1. FC Kaiserslautern. Das Fritz-Walter-Stadion war nicht weit entfernt, also machte ich einen netten Spaziergang. Es ist schon ein imponierendes Bauwerk. Der Weg links am Stadion entlang führt zur Geschäftsstelle und zum WM-Helden-Denkmal. So ein wenig Ehrfurcht macht sich dann breit, Aug in Aug mit Werner Liebrich, Werner Kohlmeyer, Horst Eckel, Otmar und Fritz Walter.
Und wer kommt dann aus der Geschäftsstelle zum Trikot-Tausch? Einer der erfolgreichsten Spieler in der Geschichte des FCK überhaupt: Roger Lutz, der Team-Manager. Lockeres, entspanntes Geplauder. Er hatte dann noch einiges zutun und verabschiedet sich von mir, nicht ohne mir sehr herzlich die besten Wünsche mit auf den Weg zu geben. Alles in allem ein sehr sympathischer Eindruck.
- Der Deutschland-Wanderer an der Waffe -
Abends stand - von den rührigen Herren Keller und Heß von der Stadt Kaiserslautern angekurbelt - ein Besuch beim Firmenlauf in der City auf dem Programm. Ich kam ohne große Erwartungen. Vielleicht ließen sich ja die ein oder anderen Spenden einsammeln. Am Himmel zeigte sich so langsam auch Fritz-Walter-Wetter.
Um 17:30 Uhr wurde ich vom agilen Veranstaltungsleiter Alexander Heß in den Startbereich geschoben, wo schon der OB Dr. Klaus Weichel wartete. Mit einer chilligen Sonnenbrille übrigens. Auch da wieder entspanntes, sympathisches Geplauder. Ich wurde ein wenig gelöchert, wie ich auf das "schmale Brett" mit meiner 3.500km-Wanderung kam und versuchte dann meinerseits dem Herrn OB das "Stadtsäckel" zu erleichtern. Der Start rückte näher und plötzlich reichte mir Herr Dr. Weichel die Startpistole. "Machen Sie das mal, ich setze mich derweil ins Begleitfahrzeug". So kam es also, daß der 5. Firmenlauf der Stadt Kaiserslautern mit 8.000 Teilnehmer von einem dahergelaufenen Rucksackträger nicht angepfiffen, sondern angeschossen wurde (Fotos folgen). Kaiserslautern, mit seinen sprudeligen, herzlichen Eingeborenen, hab ich richtig ins Herz geschlossen.