Deutschland Tour 2011/12

* 61. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 01.06.2011 *
Strecke: Bremen --> Langwedel (20km) / Gesamtstrecke: 822km

Dauer: 12:00 - 17:00 Uhr / Google Maps 61. Etappe


- Mit Eskorte durch Bremen -
Heute ging es aus Bremen heraus Richtung Osten. Bei strahlendem Sonnenschein begleitete mich Sandra plaudern noch bis zum Weserstadion. Das ganze Stadion ist mittlerweile ringsherum mit einer Photovoltaik-Anlage versehen und sieht recht ufo-mäßig aus.
Die Strecke ansich war ohne herausragende Höhepunkte. Auch merkte ich, daß ich nach dem Magen-Darm-Virus immer noch nicht wieder im Vollbesitz meiner Kräfte bin. Aber das wird schon.

- Anna und Andreas von der Wesermühle -
Meine heutigen Gastgeber sind wieder mal SERVAS-Mitglieder und der Kontakt kam auch relativ kurzfristig zustande. Wie von meinen bisherigen SERVAS-Kontakten bereits gewohnt, war auch Andreas sehr unkompliziert am Telefon. Die wenigen Informationen aus dem internationalen SERVAS-Adreßbuch machten zumindest mal neugierig: Andreas ist Farmer, Anna ist Oil maker. Nachdem ich mich kurz verlaufen hatte, kam ich dann auf dem Hof an. Toller erster Eindruck. Von weitem lachte einem so eine Sonnenschein-Hauswand in gelb und mit roten Fensterrahmen entgegen. Links und rechts zwei große Stallgebäude. Andreas war gerade draußen und fütterte die Schafe mit dem "Preßkuchen" aus der Ölpresse. Das sind die Rückstände nach dem Pressen und für Schafe richtige "Leckerchen".

Die beiden, inklusive den Töchtern Truus und Anaya, haben neben den Schafen, noch zwei Pferde, Katzen und einen Storch, der sich auf einem Mast sein Nest hergerichtet hat. Sie haben sich eine Existenz mit der Herstellung besonderer, hochwertiger Öle (Walnuss-, Hanf-, Leinöl u. a.) aufgebaut. Jetzt könnte man vielleicht meinen, das ist so eine alternative Liebhaber-Geschichte, von der man aber nicht leben kann. Weit gefehlt, der kaufmännische Gedanke spielt bei den beiden "Krämerseelen" eine angemessene Rolle und so entwickelt sich der kleine Betrieb stetig weiter. Sie haben sich schon im ganzen nördlich Raum einen ausgezeichneten Namen gemacht (www.wesermuehle.com).
Abends saßen wir dann noch lange beisammen und erzählten. Andreas hat auch schon einmal Lehmöfen gebaut und vertrieben. In der sehr gemütlichen Wohnstube steht auch ein selbstgebautes Exemplar. Sie haben aus einem heruntergekommenen Bauernhof mit viel Liebe und Engagement ein kleines Schmuckstück gemacht. Beide verstehen etwas von Nutztierhaltung, können selbst schlachten, legen Gemüsebeete an, etc. Sprich, sie können sich selbst versorgen. Falls es - was wir tunlichst nicht hoffen - irgendwann einmal wieder kräftig kracht und wir auf all die komfortablen, technischen Erungenschaften nicht mehr zurückgreifen können, werden diese beide zu den Königen gehören.


* 62. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 02.06.2011 *                                Strecke: Langwedel --> Fischerhude (23km) / Gesamtstrecke: 845km
Dauer: 13:00 - 19:00 Uhr /
Google Maps 62. Etappe

 

- Das große Öl-Ratespiel -
Vormittags erwarteten Anna und Andreas eine Radfahrergruppe von "Slow Food e. V.". Der Hof wurde schön hergerichtet, Bänke aufgestellt und auf die Genießer wartete ein Öl-Ratespiel. In neun kleinen Tiegelchen waren verschiedene Öle (Walnuss, Haselnuss, Hanf, Mohn, etc.), die es, durch Eintunken eines Ciabatta-Stückchen, zu erraten galt. Ich hab da mal ziemlich daneben gegriffen. Irre, wie wenig meine Geschmacksnerven geschult sind. Hat aber Spaß gemacht. Ich bekam noch ein Fläschchen hochwertiges und nahhaftes Hanf-Öl geschenkt, das ich unterwegs zu rauchen gedenke. Nein, natürlich nicht. Das wird abundan mit einem Brötchen meine Wanderer-Mittagsmahlzeit.

- die abgesägte Brücke -
Es war zwar wieder eine längere Etappe, aber ich merkte, daß ich deutlich mehr Energie als gestern hatte. Der Virus müsste endgültig Geschichte sein. Auch heute führte mich mein Navi durch ein paar Waldstücke, wo nur schwer ein Weg erkennbar war. Aber es paßte alles.
Fast alles. Bei Bassen galt es die A1 zu überqueren. Zu diesem und anderen Zwecken wurden so genannte "Brücken" erfunden. Der Sinn ist einleuchtend: Ohne allzuviele Gliedmaßen an vorbeisausende Stoßstangen zu verlieren, erreicht man gesund die andere Seite. Soweit, so gut. Für Dich, geneigter Leser, liegt es da auf der Hand, daß Vorteile bringt, wenn so eine Brücke auch die andere Seite ERREICHT. Was bei meiner Brücke leider nur zu 90% der Fall war (siehe Bilder; zugegebenermaßen wurde ich vor dem Betreten des Bauwerks auf Bautätigkeit hingewiesen, aber wer liest schon Schilder?!). Ich stand also am Ende der Brücke und mich trennte noch ein "Hopserchen" von zweimeterfünfzig Tiefe von der weiterführenden Straße. Ungünstig!
Also, Abseilen war angesagt. Mit etwas Akrobatik war das dann auch bewältigt. Überlebt. Und weiter ging's.

- launiges Fischerhude -
Etwa um 19:00 Uhr kam ich bei meinen heutigen Gastgebern Lynn und Bert an. Ein schmückes Örtchen, mit hübschen, phantasievollen Häusern. Ich wurde wieder sehr herzlich begrüßt und verköstigt. Bert war 30 Jahre Lehrer an der örtlichen Waldorfschule, Lynn war auch Lehrerin und gibt heute viel privaten Musikunterricht. Man bemerkt gleich die kreative, musische Atmosphäre in ihrem schönen Haus. Sie haben viele Fragen gestellt und ich habe viel erzählt.


* 63. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 03.06.2011 *
Strecke: Fischerhude --> Rotenburg (Wümme) (25km) / Gesamtstrecke: 870km
Dauer: 11:00 - 17:00 Uhr /
Google Maps 63. Etappe

 

- Ein musikalischer Start in den Tag -
Nach einem erholsamen Schlaf, einem gesunden Frühstück und ausreichend Zeit für Emails und Tagebuch ging es wieder auf den Weg, diesmal nach Rotenburg. Da Lynn Flöten- und Bratschen-Schülerinnen im Haus hatte, bin ich mit musikalischer Unterhaltung losgezogenen. Es war warm, aber angenehm zu gehen, da es häufig durch schattige Alleen ging.
In Otterstedt meinte wohl das Schicksal, mir etwas unter die Arme greifen zu müssen, als eine nette Frau im Auto neben mir anhielt und mich darüber aufklärte, daß das Teilstück des deutschen Jakobsweges weiter nördlich verläuft. Ich erklärte ihr, daß ich mich zwar auf meinem persönlichen Jakobsweg befinde, dieser aber mit dem Original nichts zutun hat. Als ich ihr meinen Zielort Rotenburg nannte, beschrieb sie mir dann einen schöneren und sogar etwas kürzeren Weg, worauf mein Navi mit einem beleidigten Knurren reagierte. Aus, Navi, aus!!

- Ein Outdoor-Mann mit Sendungsbewußtsein -

Am Rindermarkt vor dem Rotenburger Rathaus angekommen, wartete schon Carsten Czech auf mich. Er vertritt die Fa. VAUDE, meinen größten Equipment-Sponsor, im Norddeutschen Raum. Es war gleich eine Grundsympathie vorhanden und er erzählte mir mit glänzenden Augen von seinen Herzensangelegenheiten. Er sammelt Spenden auf ganz kreative Art für den deutschen Kinderhospizverein (siehe www.hilfsinitiative.de). Auch seine Familie ist da mit viel Begeisterung dabei. Wir haben uns über persönliche Visionen und Lebensziele unterhalten. Spannend, welche Menschen mir so auf meiner Tour über den Weg laufen. Auf Empfehlung eines Reporters der Rotenburger Rundschau, der mich interviewt hatte, fragte ich später im "Pfeffer-Corner" noch bzgl. Übernachtungsmöglichkeit in Hemslingen nach. Frau Brennecke und Herr Lohrbeer waren sehr herzlich und luden mich für morgen ein. Wunderbar.

Der gute Carsten Czech fuhr mich dann freundlicherweise noch zu meinem Gastgeber Ortwin Musall, einem in der Region sehr bekannten Holzkünstler. Er wohnt ein wenig außerhalb von Rotenburg.

- Der Holzmann aus Rotenburg -
Sobald man das Grundstück von Ortwin Musall betritt, scheint sich eine andere Welt aufzutun. Überall stehen wunderbare Holzskulpturen herum, die man anfassen und den typischen süßlichen Naturgeruch einatmen möchte. Ortwin ist ein Lehrer im Ruhestand, der seit etlichen Jahren nun schon seiner Passion nachgeht. Schaut Euch mal die Seite "http://home.arcor.de/derDan/ortwin/" an. Wir erzählten uns unsere Geschichte, aßen Kartoffeln, Rührei und Spargel, genossen den sonnigen Abend und als wunderbaren Abschluß genoss ich noch eine schmackhafte Santa Damiana Corona-Zigarre. La vita `e bella.

 

 

 

 

  

 


* 64. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 04.06.2011 *
Strecke: Rotenburg (Wümme) --> Hemslingen (18km) / Gesamtstrecke: 888km
Dauer: 13:00 - 18:00 Uhr /
Google Maps 64. Etappe


- Der Meister spricht -
Bevor ich von Ortwin Musall nach Rotenburg gebracht wurde, um mich wieder auf die Wanderschaft zu begeben, lief ich mit der Kamera durch Haus und Garten, um seine beeindruckenden Werke zu fotografieren. Die Bilder werden natürlich alle demnächst online gestellt. Am spannendsten fand ich allerdings, ihn bei der Arbeit zu filmen. Er hatte einen Klotz aus Kastanienholz vor sich, der nicht leicht zu bearbeiten war und ihn sowohl handwerklich, als auch künstlerisch forderte. Während er hämmerte, erklärte er mir (Euch) die Besonderheiten des Holzes. Viel Spaß beim Anschauen.

- Gewürze kauft man bei Pfeffercorner. Jawohl! -

Ich hatte noch etwas Zeit, bevor es los ging und so schaute ich bei Birgit, meiner heutigen Gastgeberin, im Laden vorbei. Sie und ihr Mann Martin handeln mit Gewürzen, Kräutern, Tees, etc. und sind da sehr engagiert. Neben einem Webshop (www.pfeffercorner.de) bieten sie ihr Fachwissen und ihre kulinarischen Köstlichkeiten auch auf Wochenmärkten an und das mit zunehmendem Erfolg. Lustigerweise sind sie sehr gute Freunde von Anna und Andreas, von der Wesermühle (siehe TB 01.06.2011). Der Kontakt kam aber nicht durch die beiden zustande, weil sie die Pfeffercorners tel. nicht erreicht hatten. So klein ist die Welt.

- Durch die Heide -
Es war ziemlich warm heute und die Lauferei schon auch anstrengend, aber es ging durch schöne Heidegegenden, durch Waldstücke oder an Bächlein vorbei. Zur Mittagsmahlzeit hatte ich mir ein Bärlauch-Baguette gekauft, das ich dann bissenweise in das Wesermühle-Hanföl tauchte. Es fühlte sich an, als zog ich mit meinem Packesel durch Kreta und rastete nun im Schatten eines Olivenbaumes.

- Abendgespräche im Garten -
Mit reichlich Durst erreichte ich zeitlich ziemlich punkgenau das Haus von Birgit, Martin und Sohnemann Benny. Das Abendessen wurde gerade vorbereitet und ich zog es vor, mich erstmal wieder olfaktorisch präsentabel zu machen (d. h. zu duschen).
Wie so oft schon auf meiner Tour, gab es auch in dieser Familie eine interessante Geschichte. Martin war Unternehmensberater im IT-Bereich, bis er völlig entnervt den Job aufgegeben hat, da er ihm keine Erfüllung brachte. Er hat dann mit seiner Frau einen Gewürzhandel gegründet. Wie sich gehört, mit ganz vielen "Ja, aber..."-Mahnern und Bedenkenträgern im Umfeld. Natürlich haben die Banken dieses unrealistische Vorhaben nicht mitgetragen. Mittlerweile besteht "Pfeffercorner" seit drei Jahren und die Anfangsschwierigkeiten sind überwunden. Ein "Business-Angel" wurde gefunden, der die beiden mit Rat und Tat unterstützt. Bravo, weitermachen!

 

- Benny Picasso -
Es stellte sich heraus, das auch in dieser Familie wieder ein künstlerisches Talent schlummert. Benny malt mit seinen 19 Jahren richtig interessante Bilder (siehe Fotos in facebook). Viel Spaß beim Anschauen.
 

 

 

 

 

 

- Pfeffercorners Kraft Trunk -
Ab sofort gehören Schwächephasen auf meiner Tour der Vergangenheit an. Ab sofort testen ich "Pfeffercorners Kraft Trunk". Das ist ein schmackhaftes Stöffchen auf Basis der Taiga-Wurzel, das bei Regeneration und Auffrischen des Energiehaushaltes wunderbar wirken soll. Die genaue Mischung ist geheim. Ich bin gespannt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


* 65. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 05.06.2011 *
Strecke: Hemslingen (Schneverdingen) --> Behringen (17km) / Gesamtstrecke: 905km
Dauer: 13:00 - 18:00 Uhr /
Google Maps 65. Etappe

 

- Wegzehrung aus der Kräuterkammer -
Bevor ich die heutige, wunderschöne Etappe durch das Naturschutzgebiet Lüneburger Heide starten konnte, stattete mich Martin erstmal mit notwendigen Wohltat-Utensilien aus. Da waren, neben dem bereits erwähnten "Pfeffercorner's Kraft-Trunk", ein Säckchen kandierter Ingwer, ein Beutelchen Goji-Beeren und eine spezielle Handcreme dabei. Ich bin also gerüstet.

- Auf Schusters Rappen durch die Heide -

Der Weg von Hemslingen bis nach Behringen (meinem nächsten Etappenziel) wäre zu weit gewesen, deshalb nahmen mich Birgit & Martin ein Stückchen bis zu ihrer Sonntagsspaziergangstrecke mit, die auf dem Weg lag. Die Sonne lachte auch heute wieder herzlich, es machte Spaß, eine neue Etappe in Angriff zu nehmen. Der Weg durch das Naturschutzgebiet Lüneburger Heide war wunderschön. Eine ganz eigene Landschaft. Es lag ein intensiver Geruch in der Luft. Ich war über Stunden der einzige Zweibeiner weit und breit. Es hätte mich nicht gewundert, wenn ich unmerklich ins 17. Jahrhundert gebeamt worden wäre und mir ein Mönch auf einem Esel den Weg gekreuzt hätte. Tolle Atmosphäre!

 

 

- Meine Künstlertour, die Fortsetzung -
In Behringen angekommen, musste ich noch ein gutes Stück durch den Ort zu meinen heutigen Gastgebern laufen. Hanneke & Matthias Voges bewohnen ein schönes, schnuckliges Fachwerkhaus, in dem im Erdgeschoss die Töpferei von Hanneke angebracht ist. Sie hat sich das Töpfern nicht mal eben selbst beigebracht, sondern dazu in Holland eine ausgezeichnete Ausbildung genossen. Die Qualität sieht man nicht auf den ersten Blick, sondern man merkt es im regelmäßigen Gebrauch. Da fallen Henkel halt nicht bei der kleinsten Berührung ab. Ich habe ein kleines Filmchen gedreht, wie Hanneke an der Drehscheibe sitzt und beschreibt, was sie da so tut. Wird demnächst online gestellt. Wie saßen noch lange draußen im Gespräch und lernten uns kennen. Auch wieder ein Highlight meiner Tour-Begegnungen.

 

 


* 66. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 06.06.2011 *
Strecke: Behringen --> Soderstorf (Lüneburg; 18km) / Gesamtstrecke: 905km
Dauer: 13:30 - 18:00 Uhr /
Google Maps 66. Etappe

 

- Mit Frühstück und Pfeffercorners Kraft-Trunk auf die Piste -

Es ergab sich zeitlich, daß Hanneke und ich noch schön frühstücken konnten. Und meinen PCKT hab ich auch nicht vergessen. Das Wetter war hervorragend und hinter der Töpferei saß man sehr gemütlich. Sie hatte noch für den Vormittag ein Interview mit der Böhme-Zeitung in Soltau vereinbart und dann ging es wieder los.

 

- Hauptsache Kohle raushauen -
Vor den Toren von Behringen haben einige Investoren kräftig investiert. Allerdings nicht in die natürliche Sehenswürdigkeit "Naturpark Lüneburger Heide", was durchaus Sinn gemacht hätte. Nein, es wurde so ein optischer Schandfleck, wie der Snow Dome in die Landschaft gesetzt. Da kann man dann im August eine Runde Skirutschen. Super!

- Kurz umdisponiert -
Unterwegs mußte ich mir dann ein paar Gedanken machen, wo ich heute bleibe. Ursprünglich war Amelinghausen eingeplant, aber da tat sich noch nicht viel bzgl. Gastgeber. Zudem hatte ich von einigen Leutchen gehört, daß Lüneburg eine wirklich schnuckelige Stadt sein soll. Es wäre eigentlich schade, da mal eben durchzurauschen. Also habe ich mich entschlossen, soweit zu laufen, wie es heute geht und für die restlichen paar Kilometer den Bus nach Lüneburg zu nehmen. Meine Lüneburger Gastgeber waren netterweise mit dieser Planänderung einverstanden. Und so bleibt mir morgen ein Tag, um mir das Schmuckstückchen ein wenig genauer anzusehen. Meine Gastgeber, Familie Ruhland, haben mich SERVAS-typisch herzlich aufgenommenen. Wir hatten abends noch reichlich Zeit, uns kennenzulernen. Ich bin gespannt auf die Stadt.

 


* 67. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 07.06.2011 *                               Ruhetag in Lüneburg / Gesamtstrecke: 905km

 

- Sightseeing mit Eike, dem Afrikaner -
Vormittags hatte Eike, der Sohn des Hauses, ein wenig Zeit und bot sich für eine Stadtführung an. Wirklich ein sehr schmuckes Städtchen. Zuerst bestiegen wir den mächtigen Kalkberg. Der ist sage und schreibe 56,3 Meter hoch, also ein wahrer Gigant. Ich war ein wenig beunruhigt, da Eike die Besteigung ohne professionelle Sauerstoffgeräte durchführen wollte, aber als Deutschland-Wanderer darf man auch Abenteuer nicht scheuen. Als wir dann nach sieben Stunden hartem Bergsteigens... Nein, jetzt im Ernst, es ist ein netter Hügel, von dem aus man eine schöne Aussicht über die Stadt hat. Von dort oben zeigte mir Eike auch sein schönes, altes Gymnasium. Dort sollen 1944 einige Aufnahmen für "Die Feuerzangenbowle" gedreht worden sein. Prost!

In einer der Puppenhausähnlichen Gassen wurden wir von einer gelben Warnweste, mit einem konzentriert blickenden Menschen drin, gestoppt. Es wurden gerade Dreharbeiten für die in Deutschland weltberühmte Vorabend-Serie "Rote Rosen" (Hää??) durchgeführt. Man erklärte mir, daß das DER Straßenfeger für die "um die 60" sein soll. Reschpekt!
Nach einer sicherlich tränenblind machenden Szene, mit zeitlos gültigen Textstellen, wie etwa "Lassen Sie mich durch, ich bin Arzt!", konnten wir dann weiterziehen. Bevor wir die Innenstadt eroberten, machte ich noch heimlich schnell ein Foto vom Set. Das ist jetzt 10.000€ wert und kann bei mir käuflich erworben werden.
Eike erzählte mir, daß er ab Sommer für eine Hilfsorganisation nach Uganda reist. Er wird dort 15 Monate bleiben, an landwirtschaftlichen Anbauversuchen teilnehmen, Pflanzen katalogisieren und ein sehr fremdes Land kennenlernen. Bestimmt eine wunderbare Erfahrung. Alles Gute, Eike.
Nach unserer Stadtbegehung weiß ich nun, daß Lüneburg eine größere Kneipendichte pro Einwohner hat, als Berlin. Gibt wirklich ziemlich viele. Und sehr schöne. Und Cafes mit RIESIGEN Tortenstücken. Ich habe eines von der Größe eines Mittelklassewagens verspeist. Gut zu wissen, daß ich mich beim täglichen Laufen ständig im Fettverbrennungsbereich bewege. ;-)

- Abendausklang -
Abends saßen wir noch entspannt zusammen und ich erfuhr, daß die Familie Ruhland schon viel von der Welt gesehen hat. Auf einer Weltreise wurde sogar spontan in Neuseeland geheiratet. Mal sehen, ob Eike allein aus Uganda zurückkommt...

 


* 68. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 08.06.2011 *
Strecke: Lüneburg --> Winsen (Luhe) (18km) / Gesamtstrecke: 923km

Dauer: 4,5h / Google Maps 68. Etappe

 

 

- Regen, Regen, Regen -
Ich bin vormittags noch mit dem leisen Wunsch nach Winsen an der Luhe aufgebrochen, der bewölkte, aber trockene Himmel möge so bleiben. Leider war da jemand anderer Meinung. Schon kurz hinter Lüneburg ging dort oben eine Schleuse auf und es regnete den restlichen Tag durch. In diesem Zusammenhang eine ernste, direkt an DICH gerichtete Frage: HAST DU GESTERN DEINEN TELLER LEER GEGESSEN??
Na, wusste ich's doch! Also für morgen der klare Auftrag: Kleinen Teller nehmen + leer essen. Damit der Wanderer morgen trockenen Fußes Hamburg erreicht. Unterwegs habe ich mal ein kleines Regenvideo gedreht, damit Ihr mal seht, wie ich in meinem knallroten Regenponcho durch die Gegend tappe (demnächst online).

- DLRG, Dein Freund und Helfer -
In Winsen wartete ein Bett im örtlichen DLRG-Heim auf mich. Uwe Lämmel, der "Chefinspektor" der Bademeisterzunft aus Bockhorn (Ihr erinnert Euch?) hat da mal eben die Kollegen informiert und für eine Unterstützung gewonnen. DANKE!! So zeigte mir dann also die gute Marina die Räumlichkeiten und wünschte ein "gut's Nächtle".

 

 

  

 


* 69. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 09.06.2011 *
Strecke: Winsen (Luhe) --> Hamburg (19km) / Gesamtstrecke: 942km

Dauer: 5,0h / Google Maps 69. Etappe

 

- Immer uffm Deich entlang -
Na siehste mal, hat also gefruchtet, mein gestriger energischer Aufruf zum Thema "Teller leer essen". Muss man immer erst laut werden...?! :-) Ich konnte erfreulicherweise trockenen Fußes gen Hamburg marschieren. Fast dreiviertel des Weges ging es auf dem Elbdeich entlang. Es ist schon ein komische Gefühl, vor ca. zwei Monaten bin ich in Frankfurt gestartet und nun erreiche ich "per pedes" Hamburg. Soviele Dinge haben sich auf der bisherigen Tour gefügt, wofür ich sehr dankbar bin. Auf mein Equipment konnte ich mich bisher hundertprozentig verlassen. Der Rucksack von BACH ist ein Hammer, auch die Qualität meiner Funktionskleidung von VAUDE hat mich absolut überzeugt. Sicher, ich laufe jetzt nicht durch's Amazonas-Gebiet, aber auch bei einem halben Jahr durch Deutschland ist eine verlässliche Ausrüstung für mich ziemlich beruhigend.

 

 

- Mit der S-Bahn in die Speicherstadt -
Von Hamburg-Harburg aus bin ich dann mit der S-Bahn ins Zentrum gefahren. Dorthin zu laufen, machte wenig Sinn, da ich in dem riesigen Zollhafengebiet keine Ahnung hatte, wo ich lang laufen kann und wo nicht. Vor ein paar Tagen habe ich mit Carsten Czech, dem sehr rührigen VAUDE-Mann im Norden, vereinbart, im Showroom in der Speicherstadt vorbeischauen, wenn ich in der Stadt bin. Diese vielen alten Handelshäuser und traditionsreichen Umschlagplätze sind schon ein spektakulärer Anblick. Ich würde mich gerne mal dort für ein paar Stunden an ein geeignetes Plätzchen setzen und einfach zuschauen, wer so vorbeiläuft, Waren aus- und einlädt oder welche Firmen dort so vertreten sind. Carsten hat mir dann, nicht ohne Stolz, bei einem Kaffee die stark ökologisch geprägte Philosophie der Firma VAUDE erläutert. Die haben sich die Themen Recycling, umweltfreundliche Färbemethoden oder Fairtrade ganz dick auf die Fahnen geschrieben. Tolle Sache.

- Einmal nach Volksdorf bitte -
Eigentlich wollte ich ja früher bei meinen heutigen Gastgebern, Antje, Kai und Anton, ankommen. Zum einen gab es aber noch ein paar Dinge mit Carsten zu klären (er will mir noch bei ein paar Etappenzielen helfen) und zum anderen bin ich Döskopp zwar in die richtige S-Bahn eingestiegen, aber in die falsche Richtung. Super. Trotzdem bekam ich gnadenhalber noch ein Abendessen und wir plauderten noch sehr angenehm über die unterschiedlichen Reisegewohnheiten.

 


* 70. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 10.06.2011 *
Strecke: Sightseeing in Hamburg / Gesamtstrecke: 942km

 

- Rüdi allein zu Haus -
Vormittags war ich in dem schönen Haus von Antje, Kai und Anton allein. Na, nicht ganz. Die beiden Kater "St." und "Pauli" [(Ja ja, ich weiß, die heißen anders, glaube ich...:-)] waren auch zugegen und schnarchten sich ein wenig durch den Vormittag. Antje hat nach einem Kreuzbandriss das zweifelhafte Vergnügen, regelmäßiges, mehrstündiges Reha-Training über sich ergehen zu lassen. Kai ging als Orthopäde seinem Tagwerk nach, ebenso wie der Schüler Anton. Sollte sich der Sprößling nicht langsam mal nützlich machen? Teppichknüpfen oder Bergwerk z. B.? Is' ja gut, man wird ja noch mal konstruktive Vorschäge mache dürfen... :-) Die ganze Family ist mittags dann zu einem Kurzurlaub ins Niederländische aufgebrochen und hatten also noch einiges zusammenzupacken. Auch deshalb ganz lieben Dank für Eure Gastfreundlichkeit.

 

- Meinen Rucksack parke ich nur First Class -

Als Mann von Welt achte ich natürlich auf standesgemäße Gepäckaufbewahrung. Für einen nochmaligen Nachmittagsschwenk in die City, konnte ich meinen Rucksack nicht brauchen und besuchte vorher kurz meine heutige Gastgeberin Petra an ihrer Arbeitsstelle. Schnuckelchen Petra kenne ich seit einigen Jahren, wir haben uns allerdings mangels Gelegenheit länger nicht gesehen. Sie ist in einem Steigenberger Hotel in Hamburg Ansprechpartnerin für einige Großkunden und hat mir mal eben mein Gepäck abgenommen. Petra und ihr Freund Oli gewährten mir netterweise für heute und morgen Asyl. Muchas gracias!

- Grillen ist Männersache -
Wieder zurück in der schönen Dachgeschoßwohnung der beiden, wartete Oli schon mit "Würstel" und einem vorgeglühten Chefpiloten-Grill. In sehr entspannter Atmosphäre beim Speisen und Plaudern auf der abendsonnegefluteten Dachterrasse ließen wir den Abend ausklingen.

 

 


* 71. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 11.06.2011 *
Strecke: Sightseeing in Hamburg / Gesamtstrecke: 942km


- Erstmal Frühstück -
Da Petra und Oli heute noch für einen Pfingstbesuch zu seinen Eltern fuhren, hatte ich die ehrenvolle Aufgabe, auf die Wohnung acht zu geben. Für ein entspanntes Frühstück war aber noch Zeit, so habe ich mich eben mal nützlich gemacht und Gepäckteilchen aus der örtlichen Teigwarenhandlung geholt. Mein Gott, hatten die beiden dann noch Sitzfleisch. Bis ich die Herrschaften endlich aus ihrer Wohnung raus hatte...
Ich hab doch keine Zeit und muß mir die Stadt ansehen. :-)

- Sightseeing ja, aber ohne Stress -
Die Stadt Hamburg hat schon einiges zu bieten. Aber eine Hardcore-Stadterkundung mit allen, nur möglichen Sehenswürdigkeiten ist nicht nach meinem Sinn. Heute stand das Miniatur-Wunderland auf dem Programm. Für alle, die davon noch nichts gehört haben: Im Sommer 2000 hatten die zwei sehr realitätfremden Gebrüder Braun eine reichlich bekloppte Idee: Wir bauen die größte Modelleisenbahn der Welt.
Unnötig zu erwähnen, daß die Banken natürlich alle Schlange standen, um dieses vielversprechende Projekt zu finanzieren. Das ist wieder so eine wunderbare Geschichte über die Verwirklichung eines Lebenstraums, der anfangs nichts weiter war, als ein kleiner Gedanke. Hätte auch von Dir kommen können. Oder von Dir. Oder von mir. Was die mittlerweile 200 Mitarbeiter inzwischen mit ganz viel Liebe zum Detail in den weitläufigen Räumlichkeiten geschaffen haben, ist unglaublich! Eine Welt in klein, die man auch nach Stunden nicht vollständig erfasst hat. Falls jetzt der einoderandere ein müdes "Na ja, Spielzeugeisenbahn halt" hervorgähnt, dem sei gesagt, man hat nach wenigen Minuten vergessen, daß da überhaupt Eisenbahnen umherfahren. Viel spektakulärer sind die unzähligen kleinen Szenen, die eigenständig herumfahrenden Miniaturautos, der gigantische Flughafen, die gewaltigen Schweizer Berge, die Schokoladeproduzierende Lindt-Fabrik und und und. Ich habe viele Fotos und noch mehr Filmchen gedreht. Aber eigentlich hat das nur abgelenkt. Beim nächsten Mal lasse ich mir für die einzelnen Welten richtig viel Zeit, um all die lustigen Details zu entdecken.

 

 

 


* 72. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 12.06.2011 *
Strecke: Sightseeing in Hamburg / Gesamtstrecke: 942km


- Ortswechsel -
Heute hatte ich recht lange geschlafen (ob von Eisenbahnen geträumt, kann ich nicht sagen) und beinahe vergessen, daß mich um 11:00 Uhr Manfred, vom SOS Kinderdorf in Norderstedt abholte. Dort sollte ich zwei Tage zu Gast sein und einen kleinen Einblick in das Leben dort erhalten.

- Das SOS-Kinderdorf in Norderstedt -
Die Begrüßung war herzlich und schon auf der kurzen Fahrt erhielt ich ein paar neue Eindrücke. Entgegen meiner bisherigen Meinung, es würden hauptsächlich Waisen in den Kinderdörfern wohnen, ist das nur sehr selten der Fall. In den Gründungszeiten der 60ger Jahre war das der hauptsächliche Grund. Mittlerweile sind hier zum überwiegenden Teil Kinder, die aus den verschiedensten Gründen aus ihrer bisherigen Familie geholt wurden. Wenn man sich vor Augen führt, was heutzutage an Gründen für so ein drastisches Eingreifen vorliegen muß, kann man sich vorstellen, daß auf jeder einzelnen dieser Kinderseelen ein dunkler Schatten liegt. Und der meist tief und nicht auf den ersten Blick zu erkennen. So hat mir Manfred auch anschaulich erklärt, daß es nicht darum geht, wieviele von ihnen für eine höhere Schullaufbahn vorbereitet werden können. Es geht darum, durch ein liebevolles Umfeld (was KEINES dieser Kinder vorher kannte) ein selbständiges, halbwegs unbeschwertes Erwachsenenleben zu ermöglichen.
Das Kinderdorf liegt sehr idyllisch im Wald und die kleinen Häuser sind großzügig auf dem weitläufigen Gelände verteilt. Bevor ich mich in meinem Zimmerchen einrichtete, machten wir noch mit ein paar Kids ein schönes Foto und besuchten eines der Häuser. Mit Alexandra, einer der Kinderdorfmütter, traf ich mich später nochmal auf einen Tee. Ich erzählte von meiner Tour und sie vom Leben im Dorf.
Dankbar denke ich an meine glückliche Kindheit. Es hätte auch anders laufen können. Ich hoffe, wir können diese wunderbare Arbeit noch mit vielen Spenden unterstützen.

 


* 73. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 13.06.2011 *
Strecke: Sightseeing in Hamburg / Gesamtstrecke: 942km

 

- Hamburg Dungeon -
Nachdem mich freundlicherweise Alexandra, eine Kinderdorfbetreuerin, nach Hamburg mitgenommen hat, wollte ich mir noch ein paar empfohlene Attraktionen ansehen. Mir war nach Gruseln, lustigen Höhen und ein wenig Hafen-Feeling. Aber der Reihe nach. Das Dungeon in Hamburg ist eine Art geführte Geisterbahn durch die Geschichte der Stadt. Meine Gastgeberin Petra (siehe TB 10.06.2011) hatte eine Freikarte für mich. Ist grundsätzlich mit > 20€ für den Eintritt keine ganz günstige Geschichte. Da laufen dann Pestkranke, Piratenkumpanen Störtebekers, Folterknechte und andere liebenswürdige Leutchen durch die verschiedenen Räume. Eigentlich gut und abwechslungsreich gemacht, abundan wirklich etwas gruselig, mit zwei überraschenden Gags. Wenn man sich also in die Atmosphäre "reinfallen" lassen kann, ist das durchaus eine spaßige Angelegenheit. Voraussetzung, man hat - so wie ich - in seiner Gruppe nicht ein paar notorische Spassssmacher, die jede neue Situation mit einem C-Klasse-Witz kommentieren müssen. Würg.

- Highflyer -
Eine sehr empfehlenswerte Sache ist der "Highflyer" in der Nähe des Bahnhofs. Das ist ein Fesselballon mit einer angehängten Ausichtsplattform. Da hat man in 150m Höhe einen wirklich atemberaubenden Ausblick über die Stadt. Fotos demnächst online.

- Fähre nach Finkenwerder -
Eine ebenfalls schöne und auch sehr günstige Aktion ist eine Fährfahrt nach Finkenwerder. Diese Fähren sind den S- und U-Bahnen gleichgestellt, man kann sie also mit einer ganz gewöhnlichen ÖV-Tageskarte benutzen. Die Fahrt führt am Altonaer Fischmarkt vorbei, geht durch den Hafen mit den gaaaanz großen "Pötten" und streift die Strandperle in Altona. Eine sehr empfehlenswerte Alternative zu den klassischen Hafenrundfahrten.
So, das muß erstmal reichen. Morgen geht es weiter nach Elmshorn.

 


* 74. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 14.06.2011 *
Strecke: Hamburg - Elmshorn (25km)/ Gesamtstrecke: 967km
Dauer: ca. 6 Stunden /
Google Maps 74. Etappe


- Die kleinen Signale -
Bevor ich mich heute wieder als "Johnnie Walker" auf den Weg gemacht habe, mußte ich mich noch mit etwas Verpflegung versorgen und bin nach Dodge City (bzw. Norderstedt Zentrum) rübergelaufen. Kurz nach Verlassen des Gästehauses im Kinderdorf kam so ein Gedanke hervorgeblitzt, meine Wanderhose, mit den zwei gerissenen Nähten mitzunehmen. Vielleicht existiert da ja eine Änderungsschneiderei in der Nähe. Och nööö. Jetzt nochmal hoch gehen (1. Stock)? Wahrscheinlich gibt's dort gar keine Schneiderei und ich trage das Ding umsonst durch die Gegend...! Dann kam aber gleich ein anderer Gedanke angerannt. So einer von der schlauen Oberlehrer-Sorte, mit erhobenem Zeigefinger. Der hat mich dann daran erinnert, daß ich auf der Tour wachsam sein wollte und offen für kleine Hinweise und Hilfen. Naaa guuut, wo er recht hat...
Ich bin also wieder hochgestapft, habe die Hose geholt und was soll ich sagen: Natürlich war direkt neben dem Supermarkt, der mir empfohlen wurde, eine kleine Änderungsschneiderei, in der die Meisterin der Nadel dann meine Wanderhose wieder sauber geflickt hat. Wir achten häufig zu wenig auf solche kleinen Hinweise.

- Auf Wiedersehen SOS Kinderdorf -
Manfred kam früh in sein Büro im Kinderdorf und wir hatten noch Zeit, eine Kaffee zusammen zu trinken und über meine Eindrücke von Hamburg und vom Kinderdorf zu sprechen. Über beides habe ich ja schon ausführlich in den TB 12. + 13.06.2011 geschrieben. Ich finde das Wirken der Kinderdorf-eltern und -betreuer hier für die Kinder großartig und absolut förderungswürdig. Laßt uns dran bleiben und weiter Spenden sammeln.

- The long way to Elmshorn -
Die heutige Etappe war wieder ziemlich lang und ich merkte, daß ich nach den Tagen in Hamburg erst wieder meinen Rhythmus finden mußte. Den längsten Teil der Strecke schickte mich mein Navi an Feldern vorbei und durch den Wald, erst auf den letzten fünf, sechs Kilometern ging es auf einem Fahrradweg an der Landstraße entlang.

- Der Spruch des Tages -
Irgendwo im Wald sind mir zwei rüstige Rentner begegnet, die bei dem schönen Wetter ihre Runden gedreht haben. Wir haben uns kurz unterhalten und ich dachte nun, ausreichend Anerkennung für meine heroische Tour durch Deutschland zu erhalten. Nix war's. Der eine meinte nur: "Was, mit dem Rucksack nur 25km? Da machten ja die alten Römer längere Tagesmärsche!"
Danke für's Gespräch. Aber, er mußte es wohl wissen. Dem Alter nach zu urteilen, war er ganz sicher damals dabei gewesen. ;-)

- Sandra und die Rasselbande -
In Elmshorn wurde ich von Sandra, Töchterchen Ronja, Sohnemann Bosse, einem Hund und einer Katze in Empfang genommen. Sehr herzlich, wie ich noch hinzufügen möchte. Sandra hat von meiner Tour und der Gastgebersuche über einen facebook-Freund erfahren, der wiederum von Kevin, meinem morgigen Gastgeber in Itzehoe informiert wurde. Genauso soll es laufen. Es gab lecker "Chinesisch" zu essen und Ronja plapperte drauf los von ihren Erlebnissen im Kindergarten. Sandra und ihr Mann Gorden sind im Pflegedienst tätig und machen das auch sehr engagiert. Speziell Sandra hatte es häufig mit "Sonderpflegefällen" zutun. Das sind z. B. Schwerstalkoholiker, Drogen- oder AIDS-Kranke. Respekt!!

 


* 75. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 15.06.2011 *
Strecke: Elmshorn --> Itzehoe(24km)/ Gesamtstrecke: 991km
Dauer: ca. 6 Stunden /
Google Maps 75. Etappe


- Entspanntes Frühstück mit Sandra und dem Knopf - Vor den beiden Presseterminen heute Vormittag fand sich noch Zeit, mit Sandra und dem kleenen "Knopf" Bosse (der Sohnemann) in der City zu frühstücken. Wie Sandra schon vorab richtig bemerkte, ist das Elmshorner Rathaus von ausgesuchter Häßlichkeit. Man schaute vom Cafe aus in die Richtung und ich kann eine ehrliche Bewunderung für den talentfreien Erbauer nicht unterdrücken. Ein dreifaches "Reschpekt"!

- Simona "Papillon" -
Am Rathaus wartete schon um 11:00 Uhr die rasende Reporterin Simona. Sie macht im Moment ein Praktikum bei den Elmshorner Nachrichten und war auch deshalb richtig motiviert. Das ist mir weit lieber, als wenn so ein gelangweilter "Beamtenjournalist" ein paar lauwarme Fragen stellt.
Hinter einem Paar wacher Augen blitzte abundan so ein Entdeckerdrang und Lebenshunger hervor. Da kamen gute Fragen von ihr. Hat Spaß gemacht, das Interview. Dann flatter mal los, Simona, mit dem "Nordwind im Rücken". ;-)

- Hallo again, Mario -
Bevor es wieder auf die Piste ging, traf ich mich noch mit Mario, einem Reporter der Hollsteiner Algemeinen. Wir haben schon auf dem Weg von Westerstede nach Bad Zwischenahn eine halbe Stunde telefoniert. Am 28.05. kam dann ein Bericht, den wir jetzt um paar aktuelle Erlebnisse ergänzen konnten.

 

- Diana und Kevin, isch kann Eusch leiden -

Keine besonderen Vorkommnisse auf der Strecke.
In Itzehoe wurde ich wieder sehr herzlich, diesmal von Kevin und Diana, empfangen. Kevin ist "Gerichtssheriff", aber eigentlich der verschollene Bruder von Metallica-Gitarrero James Hetfield. Er spielt die Klampfe gerne LAUT. Diana arbeitet im Krankenhaus, aber ihre Berufung ist die Fotographie. Teilweise verdient sie auch schon damit ihren Lebensunterhalt, aber es reicht noch nicht ganz. Diana macht wunderschöne Bilder, von denen ich einige auch online stellen darf. Wer hier oben im Norden wohnt und mal richtig schöne Portraits möchte, sollte dringend mal hier anklopfen (www.dianajasdz-fotografie.de). Ich habe auch unverschämterweise mal angefragt, ob sie vom Wanderer auch mal ein paar schöne Bilder machen könnte. Klar, sagte sie und schon sind wir drei in den angrenzenden Wald gestapft und haben ein paar sehr schöne Fotos geschossen. War mir eine Freude.
Der Abend verlief überaus kurzweilig in angeregtem Gespräch. Ich bin extrem dankbar für die vielen wunderbaren Menschen, die ich scheinbar auf der Tour anziehe. Weiter so!

 


* 76. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 16.06.2011 *
Strecke: Itzehoe --> Burg (Dithmarschen) (18km)/ Gesamtstrecke: 1009km
Dauer: ca. 4,5 Stunden /
Google Maps 76. Etappe

 

- Muskelentspannung im Gerichtsgebäude -

Bevor ich mich auf den Weg nach Burg (Dithmarschen) aufmachte, hatte Kevin noch zwei Überraschungen für mich:
Erstens wartete um 11:00 Uhr Ute mit einer Massage auf mich. Sie praktiziert zweimal die Woche im Itzehoer Gerichtsgebäude und hat sich auf Anfrage von Kevin sofort zu einer Knetaktion bereit erklärt. Schönen Dank auch. Und zweitens hatte Kevin vor meinem Kommen bei seinen "Kolleeeschn" eine Spendenaktion durchgeführt, so daß weitere 60€ in die Spendenbüchse wanderten. Muchas Gracias.

- Hilfreiche Frau Langenbach -
Danach stand ein Interview mit der sehr rührigen Frau Langenbach von der Norddeutschen Rundschau auf dem Programm. Sie hatte nebenbei ihre Kontakte genutzt und mir einen Gastgeber in Burg vermittelt. Wir haben uns lange unterhalten. Ein Foto mit Freund und Kupferstecher Kevin folgte und dann ging es wieder los, Richtung Burg. Alles in allem hat mir Itzehoe richtig gut gefallen. Da schaue wieder mal vorbei.

- Regen, Regen, Regen -
Über weite Strecken mußte ich wieder mein knallrotes Regencape überwerfen. Und diesmal regnete es netterweise von der Seite. D. h. die Hosenbeine waren nach einer Minute klitschnass.
In Burg habe ich schnell "Riedels Hotel" gefunden und wurde, ganz dem Dithmarschen Ruf entgegensprechend, herzlich und plauderfreudig empfangen.

- Duschen, essen, erzählen, Vortrag anhören -

Zum Abendessen suchte ich mir eigentlich ein Bauernfrühstück heraus, wurde aber vom Chef mit sanfter Gewalt zu den "Frischen Nordseekrabben" überredet. Super Entscheidung. Die waren endlecker. Er erzählte mir auch nebenbei noch einiges über den Fischfang in der Gegend. Anschließend kam der 13jährige Sprößling Andreas mit dem Laptop anmarschiert. Er ist begeistert von der Schifffahrt und möchte wie sein Bruder mal Kapitän werden. Am Rechner erklärte er mir dann sehr anschaulich, was in so einem riesigen Frachter so alles drin ist, wußte bestens über technische Details Bescheid und hatte auch schöne Anekdoten parat. Beispielsweise war sein zwei Jahre älterer Bruder im Rahmen eines Praktikums auf so einem Schiff unterwegs, als "Kaffeereicher des Kapitäns". Ein sehr aufgeweckter Bursche, der sicher seinen Weg gehen wird. Morgen bekomme ich von ihm noch eine Ortsführung. Bin mal gespannt.

 


* 77. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 17.06.2011 *
Strecke: Burg (Dithmarschen) --> Meldorf (20km)/ Gesamtstrecke: 1029km
Dauer: ca. 5 Stunden /
Google Maps 77. Etappe

 

- Von Graf Rudolf zu "Modder Fege Fege" -

Wie gestern angekündigt, machte der kleene Riedel-Sohn Andreas eine sehr kurzweilige Ortsführung mit mir. Er hat das Meiste von Vaters und Omas Geschichten über Land und Leute aufgeschnappt und alles mit seinem Bruder Guido in eine Touristenführung verpackt, die man sogar offiziell beim örtlichen Tourismusbüro buchen kann. Dieser aufgeweckte zukünftige Frachterkapitän (will er mal werden) machte das wirklich klasse. Mal sehen, was mir noch im Kopf geblieben ist.
Da gab es den Grafen Rudolf II von Stade, der von der Bökelnburg aus die Dithmarscher mit harter Hand regierte. Irgendwann Mitte des 12. Jahrhunderts hatten die örtlichen Bauern dezent die Schnauze voll von ihrem hohen Herrn und griffen der Legende nach zu einer List. Sie ließen sich in Säcke einnähen und mit der Lieferung des geforderten "Zehnten" in die Burg schaffen. Dort durchschnitten sie unter dem Schlachtruf "Röhret de Hann, snidet de Sacksbann! (Rühret die Hände, zerschneidet die Sackbände)" die Säcke und nahmen sich recht ungehalten den Herrn Grafen und seine Frau zur Brust. Übrig blieb nur rauchendes Gemäuer. Wohl aus anderen Gründen ist Burg als Luftkurort staatlich anerkannt.
Im Ortszentrum befindet sich der Baumgarten, der Park des Luftkurorts. Neben seltenen Baum- und Pflanzenarten ist in dem Park eine Freilichtbühne vorhanden. Dort werden in der Sommersaison regelmäßig Konzerte und Aufführungen dargeboten.
Später kamen wir am "Wirkungsbereich" von "Modder Fege Fege" (Mutter Fege Fege) vorbei. Die Gute gibt es wirklich und sie ist ein Unikum in Burg. Es gibt einen langen Lehmweg am Park entlang zu ihrem Haus. Da liegt fast kein Blättchen am Boden. Grund: Er wird täglich von dieser Besenschwingerin entlaubt. Am oberen Ende des Weges liegt am seitlichen Hang ein riesiger Laubhaufen, der nun stetig wächst und die Ortsverwaltung vor ein Problem stellt. Wenn dieser Laubhaufen nämlich irgendwann mal der Schwerkraft nachgibt und abschmiert, ist das eher ungünstig für die Anwohner unterhalb des Hangs. Mit Mütterchen ist da nicht zu verhandeln. Hier wird sauber gemacht und basta. Das tat übrigens auch schon ihre Mutter, wie mir Andreas berichtete. Da die arbeitswütige Dame an einem anderen Hang - schwer zu glauben - bereits Baumwurzeln durchs Fegen freigelegt hat, mußte dieser Bereich umzäunt werden, um ein Umkippen der Bäume zu verhindern. Sachen gibt's... :-) Herrliche Geschichte! Danke, Andreas.

 



- Kein Bett in Meldorf -
Nach länger Wanderung mit wechselnden Wetterverhältnissen (Regen, Sonne, Regen, Sonne, etc.) kam ich in meinem heutigen Etappenort Meldorf an. Ich hatte noch kein Quartier, was bei der Größe des Ortes schon verwunderlich war. Vorher war ich noch mit Andreas im Touristenbüro von Burg und konnte gleich die nette Frau Reimers für meine Sache gewinnen. Sie telefonierte mit ihrer Meldorfer Kollegin, die sich zu kümmern versprach. Leider ohne Erfolg, wie sich später herausstellte. Die Hotels waren scheinbar ausgebucht (Alle??) und die Privatpersonen kannten mich ja schon aus unzähligen Sendungen "XY-Ungelöst" und sagten auch mal vorsichtshalber NEIN. Einen Joker im Ärmel besaß ich netterweise, da mir Mario - ein Freund von Itzehoe-Kevin - anbot, mich zurück nach Itzehoe abzuholen, wenn alle Stricken reißen. Aber, das muß doch hier zu wuppen sein...
Dachte ich. Schon die erste Anfrage bei einem ansich freundlich wirkenden Eingeborenen, ergab ein entschiedenes "Nein nein, wir haben keinen Platz!". Wenn ich mich recht erinnere, holte er dann Kruzifix und Knoblauch hervor und bekreuzigte sich dreimal. Na, ich kann mich auch täuschen...
Mein Weg führte mich routiniert zum ortsansässigen Pastor. Das hatte ja meist funktioniert. Bevor ich das Pfarrhaus fand, mußte ich im Jugendzentrum bei Sigrid und Burkhard nachfragen. Dem aufmerksamen Leser ist hier nicht entgangen, daß es wohl ein Happy End gab, da ich die Vornamen dieser Herrschaften kenne. An der Pfarrhaustür empfing mich eine nette Pfarrersgattin. Das hätte auch geklappt, aber Verwandtschaft aus dem Allgäu war zugegen, die das Gästezimmer in Beschlag nahmen. Sie wußte auch keine Lösung, so das ich noch mal an die Hilfsbereitschaft der Jugendzentrum-Besatzung appellierte. Burkhard war mit kranker Frau zuhause verständlicherweise keine Alternative, aber Sigrid bot mir einen Schlafplatz an. Nur war der in Heide, was eigentlich erst meine morgigen Etappe war. Ein Blick aus dem Fenster bestätigte meinen Eindruck, daß ein draußen Nächtigen heute sehr feucht werden könnte (was sich später bewahrheitete). Also nahm ich an und wir machten uns auf den Weg, nachdem ich vorher noch in den Genuß einer kurzen Stadtführung von Burkhard gekommen bin. Saubere Sache.

- Willkommen im Zoo -
Sigrid bewohnt ein Haus am Rande von Heide. Als Untermieter sind da noch zu nennen: Ein Hund (groß), zwei Katzen (klein), ein frisch geschlüpftes Katzenbaby (gaaanz klein), zwei Würgeschlangen, ein paar Schlangenjunge im "Brutkasten", ziemlich viele Fische, einen Sohn und eine Tochter (letztere nicht anwesend). Schön, daß die Gute auch ein Herz für Wanderer hatte, so erhielt ich ein Bett und ein Dach über dem Kopf. Beim Verzehr einer käuflich erworbenen Tiefkühlpizza mittlerer Qualität plauderten wir noch über dies und das, bevor die "Bettschwere" kam.

- Spruch des Tages -
Auf dem Weg nach Meldorf begegnete mir ein Bauer auf dem Fahrrad. Er fragte mich erstaunt, wo ich denn hin wolle und wie schnell ich laufen würde. Wohl in wehmütigen Erinnerungen an die guten alten "Barras"-Zeiten, forderte er mich auf: "Trab doch mal!" Geht's noch?

 


* 78. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 18.06.2011 *
Strecke: Heide --> Norderwöhrden (4km)/ Gesamtstrecke: 1033km
Dauer: ca. 1h /
Google Maps 78. Etappe

 

- Deutschlands größter Marktplatz -
Nach dem Frühstück hat mir Sigrid Deutschlands größten Marktplatz präsentiert. Kein Witz, die unbebaute Fläche beträgt 47.000 qm und ist damit unerreicht in Deutschland. Wirklich ein riesiges Fleckchen. Seit über 500 Jahren findet hier jeden Samstag der traditionelle Wochenmarkt statt. Heute war auch viel los, nur schnappte die Menschenmenge alle fünf Minuten in die Cafes und fünf Minuten später wieder heraus. Ein sehr wechselhaftes Wetter. Typisch für die Gegend hier, aber nervig fur's Wandern.

- Mistwetter -
Wie schon befürchtet, hielt die Regenpause nicht lange an, als ich mich nach Norderwöhrden, zu meinem heutigen Gastgeber, aufmachte. Der Weg war zwar nicht weit, durch meine notwendigerweise geänderte letzte Übernachtung, aber dieser Regen wehte immer schön seitwärts und das nervt ziemlich.
Bei Familie Glöer angekommen, wurde ich willkommen geheißen, kurz herumgeführt und dann mir selbst überlassen, da ein Hund für die Enkelin in Hamburg zu holen war. Kein Problem, für Speis und Trank war gesorgt und ich konnte wieder mal einige Dinge nachholen (Newsletter, Email, etc.). Sehr nett von ihnen, mich aufzunehmen, obwohl zeitlich nicht ganz optimal.

 


* 79. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 19.06.2011 *
Strecke: Norderwöhrden --> Lunden (0km) / Gesamtstrecke: 1033km

 

- Wolkenbruch -
Die ganze Nacht hindurch und auch am gesamten Vormittag hat es durchgeregnet. Und zwar heftig und gleichbleibend. Um 11:00 Uhr hatte ich Tagebuch und Emails fertig, meine Sachen gepackt und wollte eigentlich - ins Regencape gehüllt - losstapfen. Mein Gastgeber Herr Glöer und ich hielten noch ein Schwätzchen, in der Hoffnung, der Regen möge schwächer werden. Aber nischt war's. Da nahm mich der Gute zur Seite und bot mir, glaube ich, fünfmal an, mich nach Lunden zu fahren. Ich will hier nicht den Heldenhaften rauskehren, der sich standhaft dem "unmoralischen Angebot" verweigert, aber eine ganze Etappe fahren ist doof und entspricht nicht meinem Vorhaben, durch Deutschland zu LAUFEN. Andererseits wäre ich bei dem seitlich kommenden Regen auch mitRegencape ziemlich nass geworden. Und das über 16km.
Wie auch immer, ich habe schließlich sein sehr nett gemeintes Angebot angenommen und bin trockenen Fußes im Pfahlershof angekommen. Diesen Kontakt haben meine lieben Freunde, die Familie Eden aus Horumersiel vermittelt. Da gab es erstmal einen freundlichen Handshake mit Hr. Wiborg und die feierliche Zusage, daß das Wetter bereits ab Nachmittag besser werden sollte. Womit er recht behielt. Mal sehen, wie es morgen aussieht.

- Zeit zum Nachdenken -
Durch die heute gewonnene freie Zeit, konnte ich mich wiedermal in Ruhe um Dinge kümmern, die bisher meist liegen blieben. Alles was neben dem Wandern noch zu erledigen ist - Tagebücher, Newsletter, Gastgebersuche, Streckenplanung, Spendensammeln - macht die Tage ziemlich kurz. Deshalb komme ich selten früh genug los, um auch mal während der Etappen eine Stunde die Landschaft zu genießen. Das ist schade, aber die Tour ist ja noch lang. Das wird sich sicher auch noch etwas entspannen.
Ohne meine phantastischen Helfer im Hintergrund bei den täglichen Todo's (die "unbeugsamen Gallier"), wie der unermüdliche Christian (setzt alle Tagebücher, Fotos u. Videos in facebook und aktualisiert die Webseite), das Energiewunder Jörg W. (verschickt die Newsletter, überweist die Spendenbüchsenbeträge auf das Spendenkonto, vermittelt Gastgeber), der wortgewaltige Jörg L. (verschickt regelmäßig Presseexposes) und die herzerfrischende Diana (regelt alles, was meine Wohnung und private Administration betrifft) wäre ich AUFGESCHMISSEN!
Ganz herzlichen Dank auch an die vielen Gastgeber und Tourbekanntschaften, die sich immer wieder nach mir erkundigen, Spenden sammeln und Gastgeber für künftige Etappen empfehlen. Super!!

 


* 80. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 20.06.2011 *
Strecke: Lunden --> Husum (25km) / Gesamtstrecke: 1058km
Dauer: ca. 6h /
Google Maps 80. Etappe

 

- Trocken nach Husum -
Es gab wieder einige administrative Dinge am Vormittag zu erledigen, deshalb bin ich heute wieder später los gekommen, als geplant. Einige erfreuliche Telefonate waren dabei. Für die künftigen Etappenziele Bredstedt, Niebüll und Sylt sind nun frühzeitig Gastgeber gefunden, z. B. unter freundlicher Mithilfe der Tourismuszentren in Bredstedt und Niebüll und durch Sandra, einer der "Musketiere" aus Dornumersiel. DANKE!!
Die Strecke war lang und ziemlich ereignislos, aber das Wetter spielte wieder mit, so daß ich immer schön mit einer frischen Brise im Rücken nach Husum kam. Die Geburtsstadt Theodor Storms ist ein schnuckliges Städtlein mit ca. 20.000 Einwohnern, etwa 50km vor der dänischen Grenze. Beim Durchlaufen hatte ich schon den Eindruck, daß hier die Uhren etwas langsamer laufen.

- Erneut SERVAS-Gastfreundschaft -
Hier sollte ich bis morgen bei den SERVAS- Gastgebern Rena, Rainer, Rosalie und Ricarda eine Bleibe finden. Rena und Rainer haben eine Web- und Printdesign-Agentur, die viel Kreativität erfordert. Auch hier wieder Menschen, die etwas aus dem "üblichen" Rahmen fallen. Da gibt es Frösche und Schildkröten im Garten. Rena päppelt gerade einen kleinen Raben wieder auf, der aus dem Nest fiel und sich verletzte. Man hat von der Terrasse aus einen weiten Rundumblick über das Deichvorland. Manchmal kommt ein Rudel Pferde auf einer Koppel in der Nähe angerauscht, was sich so anhört, als ob die Hunnen kommen. Dann wieder Stille. Schöne Eindrücke.
Wir haben noch lange bei zwei, drei "Flens" zusammengesessen und über die unterschiedlichen Reiseerlebnisse geplaudert. Sehr angenehm.

 


* 82. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 22.06.2011 *
Strecke: Bredstedt --> Niebüll (21km) / Gesamtstrecke: 1101km
Dauer: ca. 5h /
Google Maps 82. Etappe

 

- Meine Goldstücke aus der Tourismuszentren - Nachdem ich von Frau Düring wunderbar verköstigt wurde, stand ein kurzer Besuch bei Frau Bischoff im Tourismuscenter von Bredstedt an. Sie, ihre Kollegin Frau Koschnike aus Niebüll und Sandra vom Tourismuscenter in Dornumersiel haben sich ganz herzlich bemüht, mich in Bredstedt, Niebüll und auf Sylt unterzubringen. Super, Mädels!!
Es folgte noch ein Interview für die Husumer Nachrichten und dann ging es wieder los. Niebüll sollte das heutige Ziel sein. Ich bin so langsam gespannt auf Sylt, den nördlichsten Punkt meiner Tour.
Unterwegs passierte nicht viel, also hatte ich Zeit für einen hochgeistigen Limerick:

Einst zog' ich von Bredstedt nach Niebüll,durch's windige Holsteiner Land.                                             Da wurd's mir auf einmal am Knie kühl.
im Nu verlor ich festen Stand.
Wo kam der denn her, dieser Sturmwind?
Wie aus einem Fön, nur "much harder".
Da zeigt mir ein hiesiges "Deichkind":
Ein Windkraftrad mit Turbolader!

 


* 83. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 23.06.2011 *
Strecke: Niebüll --> Westerland und(Sylt) (0km) / Gesamtstrecke: 1101km

 

- Mit dem Zug nach Westerland -
Frau Hagge, meine Gastgeberin in Niebüll, hatte mir ein leckeres Frühstück zusammengestellt und ein paar nette Worte ins Gastgebertagebuch geschrieben. Heute wäre ich mit Laufen nicht weit gekommen, da es nur per Zug auf die Insel geht. Aber vorher galt es noch mal eben Danke sagen, im Niebüller Tourismuscenter. Da sitzt die rührige Susi Koschnike, die mir trotz des Feiertags zwei Übernachtungen auf Sylt ermöglicht hat. Wenn ihr Mann, der das Jugendfreizeitheim Puan Klent auf Sylt leitet, genauso nett ist, wird das ein schöner Aufenthalt werden. Muchas gracias!
Im Zug kam ich mit einer Sylt-Bewohnerin ins Gespräch. Sie hat mich beim Telefonieren beobachtet, was mit dem Galaxy Tab recht bekloppt aussieht, mich angesprochen und mir ein paar Highlights empfohlen. Mal sehen,was klappt.

- Westerland -
Hier strömen die Sylt-Touris (ich bin ja jetzt auch einer von ihnen) dann aus dem Zug und nehmen die Insel in Besitz. Rucksackreisende sah man nicht so häufig. Also, eher selten. Eigentlich gar keine. Außer mir.
Und ich bin ja auch nur zufällig als Backpacker unterwegs. Es ist nämlich so: Weil mein ansich zuverlässiger Maserati...
Oder, ich fang mal anders an: Es hat sich herausgestellt, daß mein getunter 911er von der sandigen Luft leicht einen Turbolader-Schnupfen...
Einfach gesagt: Um meinen 500er Benz auf Betriebstemperatur zu bringen, ist die Insel einfach nicht groß genug. Und deshalb habe ich mir von der NASA einen Rucksack entwerfen lassen (ich weiß, er sieht so normal aus), der mich mittels Antimaterie-Düsen leicht und geschmeidig über die Insel trägt. Ich seh also nur so aus, als ob ich zu Fuß durch Deutschland laufen würde. :-)

Im Stadtzentrum gibt es ein paar Straßen, wo Herr und Frau Wichtig lebensnotwendige Dinge käuflich erwerben können. Und von diesen Leutchen sind eine ganze Menge unterwegs.
Meine heutige Gastgeberin, Claudia Kochanek, bildet da einen sympathischen Kontrast. Die dynamische Immobilienverwalterin hatte sofort zugesagt, dem Deutschlandwanderer Obdach zu gewähren, als Susi vom Tourismuscenter in Niebüll anfragte. Wir unterhielten uns sehr nett, bevor mir einer ihrer Mitarbeiter dann die Wohnung zeigte. Hervorragende Bedingungen. Duschen, einkaufen, am 150m entfernten Strand nach dem Rechten sehen.

- Surfen: Nur die Harten komm' in Garten -                          Es war frisch und recht windig am Strand von Westerland. Ok, ist jetzt wahrscheinlich nicht so verwunderlich. Ein paar Wellenreiter und einige Kite-Surfer waren im Wasser. Respekt! Die Wassertemperatur betrug gefühlte -20 Grad. Da mußte ich mal genauer nachfragen. Eine junge blonde Einheimische packte gerade ihre Kite-Sachen zusammen und wir haben ein wenig geplaudert. Mit einem Neoprenanzug wäre das bei den Temperaturen gar kein Problem, sagte sie, und außerdem hätte sie immer eine Wärmflasche drunter und dicke Stoppersocken an.
Na, da bin ich ja beruhigt. :-)
Ein tolles Gefühl, "per pedes" bis nach Sylt gekommen zu sein. Der nördlichste Punkt ist erreicht.

 


* 84. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 24.06.2011 *
Strecke: Westerland --> Puan Klent (Sylt) (0km) / Gesamtstrecke: 1101km 

 

- Puan Klent-
Den Umzug ins Hamburger Jugenderholungsheim Puan Klent vollzog ich bei strahlendem Sonnenschein. Passend dazu nahmen mich auch die Damen an der Rezeption und "et Scheff von det janze", Karl-Hermann Koschnike, herzlich in Empfang. Karl-Hermann ist der Mann von Susi Koschnike (Niebüller Touristikcenter) und genau wie sie auch nicht auf sein "schwäbisches Mundwerk" gefallen. Er zeigte mir die Anlage und erzählte mir einiges über Puan Klent. Das Jugenderholungsheim gibt es bereits seit 1920 und ist ursprünglich für die nach dem 1. Weltkrieg notleidende Hamburger Jugend gebaut worden. Es wurde mit den Jahren ein wenig erweitert und liegt mitten in einem Gebiet, das mich schwer an die schottischen Highlands erinnert. Sehr grüne, naturbelassene, etwas wild ausgehende Hügel ziehen sich durch den ganzen Süden von Sylt. Im Gegensatz zu Westerland begeistert mich dieser Teil der Insel schon sehr.

 

 

- Rettungsmaßnahme gegen Hochwasser -
Nette Story am Rande: In der Nähe der Anlage ist ein hoher Empfangsmast montiert. Ob für Handy, Radio oder sonstige Zwecke, weiß ich nicht. Mit starken Stahlseilen wurde er gut gefestigt, so daß er Sturm und Regen standhält. Ab und an fragen Kids nach der Funktion des Mastes. Meister Koschnike erzählt dann immer, daß bei Hochwasser die Insel überspült wird. Und damit sie nicht untergeht, zieht man sie an diesem Mast wieder hoch. Er sagt, für die < 8jährigen klingt das sehr plausibel. :-) Ein Schelm.

 - Naturgewalten Sylt -
Meine lieben Mädels von der Rezeption haben mir für den Nachmittag flux eine Einladung für die "Naturgewalten Sylt" in List verschafft. Danke schön. List liegt im Norden der Insel, ich bin also mit dem Inselbus gefahren. Die Ausstellung ist ziemlich interaktiv und wirklich sehenswert. Man bekommt einen schönen Eindruck, was in puncto Flora und Fauna auf der Insel so los ist. Ganz in der Nähe - der routinierte Sylt-Urlauber weiß das natürlich - hat der alte Herr Gosch 1972 seinen ersten Fischimbiss eröffnet. Leider hatte ich keine Gelegenheit, ihn kennenzulernen, da sehr viel Betrieb war. Seine Geschichte ist auch eine spannende.

- Entspannung am Meer -
Abends war dann wieder mal Zeit für eine schmackhafte Zigarre mit Blick aufs Meer. Das ist schon ein sehr schönes Fleckchen Erde, dort im Sylter Süden. Mir gehen dann bei einer Stunde entspannt "aufs-Meer-schauen" viele Gedanken durch den Kopf. In der Regel genieße ich solche Momente allein, aber dort hätte ich gerne eine bestimmte Person dabei gehabt. Na, ein anderes Mal...

- Ein Hoch auf mein Equipment -
Speziell auf Sylt, wo ja ständig ein rauher Wind weht, merkte ich, wie gut ich in puncto Klamotten ausgestattet bin. Heute mal einen ganz herzlichen Dank an die Fa. VAUDE! Meine Fleecejacke und die Shirts tragen sich hervorragend, lassen keinen Wind durch und sind sehr widerstandsfähig. Auch ein wichtiger Baustein auf meiner Tour. Die Leutchen von VAUDE haben mich von Anfang an unterstützt, obwohl ich kein Promi bin und überhaupt nicht klar war, ob ich nicht nach der 3. Etappe schon wieder aufgebe. Besten Dank für das Vertrauen. Ich freue mich schon auf meinen Besuch bei euch in Tettnang.

 


* 85. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 25.06.2011 *
Strecke: Puan Klent (Sylt) --> Handewitt (25km) / Gesamtstrecke: 1126km
Dauer: ca. 6h /
Google Maps 85. Etappe

 

- Erdbeerbowle in der Sansibar -
Ich konnte natürlich nicht von der Insel verschwinden, ohne mal kurz bei der berühmten SANSIBAR vorbei geschaut zu haben. Ich habe bewußt im Internet nachgesehen, wann der Laden früh öffnet, da es wenig Spaß bringt, sich ab Nachmittag in die tausend "wichtigen" Besucher einzureihen. Wer schon mal dort war, weiß, daß es an der Straße von Rantum nach Hörnum einen großen Parkplatz gibt, auf dem die dicken und weniger dicken Automobile geparkt werden. Von dort geht es dann skandalöserweise zu Fuß zur Hütte. Für die Sterblichen. Es gibt aber auch ein paar "Halbgötter", für die ein unsichtbarer Türsteher einen mächtigen, elektronikgespickten Absperrpfahl, der einen Panzer aufhalten könnte, diensteifrig nach unten fährt. Dann fahren sehr ernst blickende Herren die 50 Meter den Hügel hoch und parken direkt vorm Eingang. Ich glaube, dort warten dann die Sänftenträger, oder so.
Es gibt natürlich auch ein paar Menschen 3. Klasse, die schnöderweise mit dem Fahrrad kommen.
Oder manchmal kommt auch - ganz schlimm - der Pöbel, das "Geschmeiß" vorbei. Also die FUSSGÄNGER. So, wie ich. Vorsichtshalber habe ich dann gleich mal herumgepöbelt, auf "dicke Hose" gemacht und sehr weltmännisch eine Erdbeerbowle bestellt. :-) Die Atmosphäre dort ist entspannt normal, würde ich sagen. Das lag sicher auch daran, daß ich zeitig dort war. Sehr gerne hätte ich mich mal mit Herrn Seckler (Der Chef) unterhalten, denn der gilt als sehr bodenständig und hat sicher viel zu erzählen. Da aber durch den Feiertag viel Besuch erwartet wurde, hatte er zuviel zutun.

- Abschied von Puan Klent -
Dann hieß es Abschied nehmen von Puan Klent. Das ist wirklich ein schönes Fleckchen auf der Insel. Ich werde sicher mal wiederkommen. Die Bahn brachte mich dann wieder zurück nach Niebüll und von dort ging es nach Handewitt.

- Willkommen in der Geschichte -
Dort warteten Fränkie und Marie auf den Wanderer. Bei den beiden landete ich wieder durch einen puren Zufall. Eine liebe Arbeitskollegin und Deutschlandtour-Unterstützerin hatte eine Klassenkameradin im hohen Norden, in Eggebek. Meine Station für morgen. Als wir via facebook Kontakt aufnahmen, hat das dort auch ein Bekannter von ihr - Fränkie - gelesen und mir für Flensburg-Handewitt eine Übernachtung angeboten. Die beiden passen wieder sowas von zu meinen bisherigen Künstler-Gastgebern. Beide sind aus Hobby für das Archäologische Landesamt Schleswig Holstein mit dem Metalldetektor in ihrer Heimat und in Dänemark auf der Suche nach Exponaten aus der Wikingerzeit. Und zwar richtig erfolgreich. Die großen Sachen geben sie pflichtbewußt ab, aber kleine Dinge können sie behalten. So stapeln sich Münzen, 3500 Jahre alte Faustkeile, Gewandschnallen (Fibeln) und vieles mehr in ihren Vitrinen.
Zudem ist Fränkie ein wahrer Maler-Wüterich. Nach eigener Aussage hat er bisher ca. 850 Bilder gemalt. Und was für schöne. Bilder davon demnächst online.
Marie fertigt wunderbare Tonskulpturen und stellt Wikingerschmuck her. Ich durfte mich dann auch sehr über eine Kette mit Runen und einem kleinen Hammer des Donnergottes Thor freuen. Da kann ja nichts mehr schief gehen auf den nächsten 2500 Kilometern. Wir saßen noch einige Zeit in ihrem schönen Garten und genossen das einoderandere "Flens". Prost!

 


* 86. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 26.06.2011 *
Strecke: Handewitt --> Eggebek (20km) / Gesamtstrecke: 1146km
Dauer: ca. 5h /
Google Maps 86. Etappe

 

- Ciao Fränkie und Marie -
Für die heutige Etappe nach Eggebek gab es vorher ein sehr reichhaltiges Frühstück, das Marie mal so eben zauberte. Fränkie und ich holten Brötchen und drehten noch eine Runde durch die "Weltmetropole" Handewitt. Übrigens dürfte das Örtchen vor allem den Handballfreunden bekannt sein. Hier wird schon viele Jahre erfolgreich der Ball ins Tor geworfen.

- Zu Gast im Gasthaus Thomsen -
Wie schon im gestrigen Tagebuch erwähnt, bin ich hier durch eine Empfehlung meiner lieben Arbeitskollegin Ela gelandet. Sabine Thomsen nahm mich in Empfang und versprühte gleich eine herzliche Atmosphäre. Der Gasthof ist seit unglaublichen 150 Jahren im Familienbesitz, hat einen großen Saal für diverse Veranstaltungen und noch etwas anderes, von dessen Existenz und weltverändernder Bedeutung ich Banause bisher keine Ahnung hatte. Ladies and Gentlemen, we proudly present: Der Kombidämpfer!
Während ich meine Emails beantwortete, unterhielt sich Sabine mit einem Gast über die
ungeheuerlichen Vorzüge des "Kombidämpfers". Häää? Die Hausfrauen unter Euch, die mich jetzt mit einem "Wie-Du-kennst-keinen-Kombidämpfer?" strafen, möchte ich milde stimmen. Ich war ja pflichtschuldig interessiert und ließ mir das Wunderwerk von Daniel Düsentrieb aus Entenhausen sofort in der Küche zeigen. Wenn ich richtig verstanden habe, ist das ein Ofen der ALLES kann. Und zwar perfekt. Außer Fliegen. Noch nicht.
Man lernt doch nie aus.

 


* 87. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 27.06.2011 *
Strecke: Eggebek --> Schleswig (22km) / Gesamtstrecke: 1168km
Dauer: ca. 5,5h /
Google Maps 87. Etappe

 

- Es heißt Abschied nehmen -
Nur sehr widerwillig nahm ich Abschied von meinem neuen Freund, dem Kombidämpfer. Ich hätte ihn gerne mitgenommen (kann man ja immer brauchen, wenn ich unterwegs mal ein Wildschwein schieße, oder so), aber das Prachtstück hat zum einen einige Kilo zuviel auf der Brust und zum anderen, war er zu faul zum selber laufen. Dann blieb eben nur "Lebe wohl!" zu sagen.

- Super Wanderwetter -
Wahrlich, bei solch einem Wetterchen machte es wirklich Spaß, mein "Bündel" zu packen und mit dem (noch nicht vorhandenen) Wanderstab in der Hand gen Schleswig zu laufen. In Bollingstedt durfte ich eine wunderbare Rast im Schatten am dortigen See, in Gesellschaft einiger entspannter Enten genießen. Wunderbar!

- Schleswig -
Die Stadt Schleswig liegt, wie die ortskundige Leser weiß, an der Schlei. Man konnte sich noch nicht so recht darauf einigen, ist das nun ein See oder eine Förde (vergleichbar mit den norwegischen Fjorden). Egal, die Stadt liegt traumhaft am Wasser und macht auch allgemein einen netten Eindruck.

Meine beiden SERVAS-Gastgeber Doro (als Goldschmiedin paßt sie wieder wunderbar zu meinen ganzen Künstler-Gastgebern) und Rüdiger (yep, der Burschen heißt wie ich) machten den Vorschlag, noch mal vor dem Essen eine Stunde segeln zu gehen. Klasse! Ich war noch nie segeln, insofern wollte ich das gerne mal ausprobieren. Doro ist hier Mitglied in einem Segelverein, gibt selbst Segelkurse und ist regelmäßig "draußen". Wir machten das Boot klar und die erste Welle der Enttäuschung schnappte über mich. Das ist ja Arbeit! Ich kenne das vom America's Cup gaaanz anders. Da drückt man auf ein paar Knöpfchen und das Segel breitet sich majestätisch aus. So'n Schiet!
Nee, aber im Ernst, es hat viel Spaß gemacht.
Nach dem Essen machten wir noch einen langen Spaziergang durch die Stadt. Da gibt es den Schleswiger Holm, ein wunderschönes Viertel am Wasser, in dem traditionell die Fischer wohn(t)en, eine hypermoderne dänische Schule in traumhafter Lage am Wasser, schmale Wege an einem Mühlbach entlang, etc. Hat mich sehr gefreut, hier verweilen zu dürfen.

 


* 88. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 28.06.2011 *
Strecke: Schleswig --> Eckernförde (21m) / Gesamtstrecke: 1189km
Dauer: ca. 5,5h /
Google Maps 88. Etappe

 

- Haddeby -
An der Schlei hätte ich es noch ein paar Tage länger ausgehalten, aber die Tour muß ja weitergehen. Ich sagte also, Tschüß zu Doro und Rüdiger und suchte meinen Weg Richtung Eckernförde. Nachdem man in einer Linkskurve um Schleswig herumgelaufen ist, durchquert man unweigerlich "Wikingerland". Im achten Jahrhundert wurde hier die bedeutendste Wikingersiedlung Europas gegründet. Bis zu 1500 "Hörnchenhelmträger" und "Met-Trinker" lebten hier in den folgenden Jahrhunderten. Ich bin mir nicht ganz sicher, glaube aber, Wickie und die starken Männer zwischen den Bäumen gesehen zu haben. Vorsichtshalber habe ich mal gaaanz laut gesungen: "Hey hey, Wickie! Hey Wickie hey!" :-)

- Eckernförde am Wasser -
In Eckernförde erwarteten mich wieder SERVAS-Gastgeber. Willem und Sohn Jonas waren zu Hause, Birgit (Willems Frau) war auf Verwandtschaftsbesuch. Der erste Rundgang verschaffte mir schon mal ein wunderbares Bild von dieser schönen Stadt am Wasser. Wenn man durch die Altstadt läuft und dann mal eben links Richtung Strand abbiegt, steht man unvermittelt an einem langen, schönen Sandstrand. Schon sehr chillig. Der Jachthafen ist voll mit blank geputzten Booten, man riecht das Meer, spürt eine "steife Brise". Wirklich ein sehr nettes
Fleckchen.
Abends saßen Willem und ich noch lange zusammen und plauderten über die unterschiedlichen Reiseerfahrungen. Ein angenehmer Aufenthalt.

 


* 89. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 29.06.2011 *
Strecke: Eckernförde --> Gettorf (15km) / Gesamtstrecke: 1204km
Dauer: ca. 4h /
Google Maps 89. Etappe

 

- Besuch aus der Heimat -
Bevor es wieder weiter ging - heute nach Gettorf - hatte sich netterweise Besuch aus Frankfurt angekündigt. Yvonne, eine Arbeitskollegin, machte für eine Woche Urlaub bei Ihrer Mutter in Plön und kam mal eben nach Eckernförde gedüst, um dem Wanderer HALLO zu sagen. Wir trafen uns am Hafen und so wie sie mir braungebrannt und bestens gelaunt entgegen kam, war klar, daß sie das sonnigen Wetter sinnvoll genutzt hat. Die aktuellen News aus der Heimat waren schnell berichtet, ich zeigte Bilder und erzählte einige Anekdoten. Dann kamen wir zum wesentlichen Teil: Wie mache ich der Frau jetzt schmackhaft, als rucksacktragender Sherpa einzuspringen. Ich beschwor das heroische Wandergefühl, schwärmte vom kräftigenden Training für die Rücken- und Beinmuskulatur und versuchte ihr klar zu machen, wie sexy eine Frau mit Rucksack aussieht [zugegeben, da gingen mir die überzeugenden Argumente aus :-)]. Ok, so richtig begeistert war sie nicht und entschied sich dann auch - nach skandalös kurzer Bedenkzeit - dazu, mein großzügiges Angebot abzulehnen. Weiber...! ;-) Na, immerhin reichte es zu ein paar netten Fotos mit Rucksack. Demnächst online.

- Am Strand entlang -
Mein Weg nach Gettorf führte mich zunächst mal am Eckernförder Strand entlang. Da hätte ich schon nicht übel Lust gehabt, mal ins Meer zu hüpfen, aber die Zeit war etwas knapp, da ich mich in meinem Zielort für 18:00 Uhr angekündigt hatte.
Es war bei den warmen Temperaturen ein angenehmes Wandern. Teils ging es durch dem Wald, teils an Feldern vorbei. Die Strecke war heute auch nicht so weit.

- Um tausend Ecken in Gettorf gelandet - Der Kontakt zu meinen heutigen Gastgebern, Fam. Mohr-Roggenkamp, hat sich über einen etwas indirekten Weg ergeben. Ein Freund aus Würzburg hat eine Bekannte in Plön (da bin ich am 03.07. zu Gast), diese hat einen Bruder in Kiel (da bin ich morgen zu Gast), seine Frau sitzt für die Grünen im Landtag und hat eine Parteikollegin in Gettorf gelandet. Ganz einfach, oder? :-) Ein sehr musikalischer Haushalt. Alle spielen irgendein Instrument und sind in Bands und Orchester engagiert. Sie sind auch in Deutschland schon viel unterwegs gewesen, allerdings mit dem Fahrrad. Es gab reichlich zu erzählen.

- Moin -
Übrigens weiß ich jetzt, warum man hier oben zu jeder Tages- und Nachtzeit "Moin" sagt: Das ist eigentlich die Kurzform für "En moien Dag" und heißt soviel wie "einen guten Tag (wünsche ich)".
Haben wir das auch geklärt.

 


* 90. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 30.06.2011 *
Strecke: Gettorf --> Kiel (12km) / Gesamtstrecke: 1216km
Dauer: ca. 3h /
Google Maps 90. Etappe


- Über die Levensauer Hochbrücke nach Kiel - Nach einem gemütlichen Frühstück, inkl. bester Wünsche von Meike und Christoph hieß es heute, die Landeshauptstadt Kiel zu erlaufen.
Das Wetter war angenehm und die Etappe nicht so lang, so konnte ich mir schon mal auf dem Weg überlegen, was ich Friederike Hiller von den "Kieler Nachrichten" erzählen würde. Wir waren an der Levensauer Hochbrücke verabredet und es wurde dann ein angenehmes, witziges Interview.
Die Stadt selbst ist jetzt nicht so "schnuckelig" wie Eckernförde beispielsweise, hat aber ihre reizvollen Stellen, wie ich noch feststellen sollte.

- Das Ökodorf in Hassee -
Z. B. im Kieler Stadtteil Hassee. Da gibt es seit 1992 die erste ökologische Großsiedlung in Schleswig Holstein. In einem dieser schmucken, grasbewachsenen und grün umrankten Häuser wohnen meine heutigen Gastgeber Anke (Landtagsabgeordnete von Bündnis 90 / Die Grünen), Ulf (Richter) und Sohnemann Johann (Pirat). Nach einer sehr herzlichen Begrüßung wurde ich über die Besonderheiten des Hauses, bzw. der Siedlung aufgeklärt. Da haben wir zunächst einmal die Komposttoilette. Die meisten Menschen sind es gewohnt, nach dem Gang zum "Örtchen" und der Verrichtungen ortsüblicher Tätigkeiten, einen Hebel oder eine Taste zu drücken oder meinetwegen auch an einem Seil zu ziehen. Man hört dann ein vertrautes Rauschen und praktischerweise reinigt flux herabstürzendes H2O das keramische Sitzmöbel von "haptisch" und "olfaktorisch" bedenklichenden Rückständen. Soweit, so bekannt.
Wie Anke schon bei der "Ortsbesichtigung" schmunzelnd bemerkte: Wie sie sehen, sehen sie nichts.
Hier fehlt nämlich die gewohnte Klospülung und es macht durchaus Sinn, sich das Konzept dahinter erklären zu lassen, wenn man nicht die öffentlichen Toiletten aufsuchen möchte. Öffnet man den Klodeckel, schaut man in ein schwarzes Loch. Unwillkürlich möchte man sich die Nase zukneifen, aber weit gefehlt, es liegt nicht der kleinste unangenehme Geruchsfetzen in der Luft. Im Gegenteil, es riecht sogar irgendwie frisch. Das liegt zum einen an bestimmten biologischen Tatsachen und zum anderen an einem ausgeklügelten Lüftungssystem. Die menschlichen Rückstände fallen ein Stockwerk tiefer direkt in den Komposter und werden mit der Zeit in hervorragenden Humus für den Garten umgewandelt. Die Rückstände, die im Normalfall durch die Zugabe des Wassers um das Fünfzigfache vermehrt werden, reduzieren sich bei der Kompostierung sogar auf nur noch 10% der Ursprungsmenge. Unglaublich!
Die Siedlung hat eine eigene Energieversorgung durch ein Blockheizkraftwerk. Mit einer Pflanzenkläranlage wir das anfallende Brauchwasser wieder aufbereitet und das Regenwasser wird in Teichen aufgefangen. Die Grasdächer sorgen für einen guten Wärmeausgleich und ein angenehmes Klima in den Räumen. Klingt komisch, ist aber so. Danke "Peter Lustig", ich weiß jetzt Bescheid.
Ulf hat freundlicherweise für ein nettes, kleines Video den "ErklärBär" gemacht. Demnächst online.

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