Deutschland Tour 2011/12

* 183. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 01.10.2011 *
Strecke: Opferbaum --> Würzburg (20 km) / Gesamtstrecke: 2358 km
Dauer: 5h /
Google Maps 183. Etappe

 

 

- Matchboxauto für Stern -
Bei strahlendem Sonnenschein und schön ausgeschlafen gab es ein reichhaltiges, leckeres Frühstück, mit rekordverdächtig schmackhaften Brötchen. In dieser chilligen Atmosphäre fand sich dann auch schon der erste Tauschpartner für meinen Stern (siehe TB 182). Marius rückte doch tatsächlich eines seiner antiken Matchboxautos heraus. Es handelt sich hier um einen sehr gut erhaltenen Cattle Truck in der Originalverpackung von 1976(!!). Super! Bilder stelle ich noch online.

- Wander-Navi Grrrrr! -
So ging es also in Hochstimmung wieder Richtig Würzburg auf die Straße. Der erste Teil bis nach Rottendorf lief prima. Ich dachte an die vielen Kreativlinge, die bestimmt tolle Tauschobjekte anbieten, genoß die Sonne und freute mich auf meine Würzburger Freunde.
Dann beschloß mein Navi, mich zu ärgern. In 95% aller Fälle funktioniert es wunderbar. Ich stehe manchmal vor Schrebergärten, durch die mich das Gerät leiten möchte und frage mich ernsthaft, ob jetzt der Spaßmodus eingeschaltet ist. Dann werde ich einen klitzekleinen Weg entlang geschickt und es paßt wunderbar. Aber manchmal - heute war so ein Tag - wird mir ein autobahnähnlicher Weg empfohlen und plötzlich stehe ich vor einem Abhang. So auch heute bei Gerbrunn. Da war nicht der Hauch eines Weges dort, wo er hätte sein sollen. Ein weiter Umweg über Felder und durch Gestrüpp war nötig, bis ich Würzburger Boden unter den Füßen hatte.

- Jörg, der Unerschütterliche -
Meine Würzburger Gastgeber sind Jörg und Karin, denen ich schon letzten Samstag beim Umzug geholfen habe. Sie sind endlich in ein wunderschönes Haus in der Nähe von Würzburg zusammengezogen, das auch ein schönes Plätzchen für einen Wanderer hat. Jörg gehört zu den ganz wenigen "unbeugsamen Galliern" im Hintergrund, ohne die meine Deutschlandwanderung nur schwer vorstellbar wäre. Mit seiner selbstlos-freundschaftlichen Art unterstützt er mich, wenn irgend möglicht. DANKE, MEIN FREUND!!
Aber, der Gute hat natürlich auch ein paar Macken. Als erfolgreicher Finanz- und Vermögensberater hat er reichlich zutun und eine eigene Art, den Überblick über die Dinge zu behalten. Z. B. haben wir seine Homeoffice-Sachen zunächst einmal ins Büro unter dem Dach gestellt. Dann wurde es lustig. Jörg leerte so ziemlich alle Kartons aus, um einen Überblick zu erhalten. Da gab es kein freies Fleckchen mehr auf dem Boden. Völliges Chaos.
Kurz danach war (fast) alles eingeräumt. Respekt!

 


* 184. + 185. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 2. + 3.10.2011 *
Aufenthalt in Würzburg / Gesamtstrecke: 2358 km 

 

 

- Durchschnaufen in Würzburg -
Ein schönes Gefühl, wieder einmal in Würzburg zu sein. In den 90ern habe ich hier studiert und die Stadt lieben gelernt. Es gibt schon reichlich schöne Ecken (Marienburg, Mainufer, Altstadt) und durch die vielen Studenten hier, herrscht immer eine trubelige Atmosphäre.
Im neu bezogenen Haus von Karin und Jörg hat sich seit letztem Samstag auch schon wieder einiges getan. Viel Platz, interessant gestaltete Räume und eine wirklich wunderschöne Aussicht auf die fränkischen Weinberge. Es braucht ja immer etwas Zeit, sich an eine neue Umgebung zu gewöhnen, aber die beiden werden sich sicher sehr wohl dort fühlen.

- Viel Zeitaufwand für das ganze Drumherum -
Es ist irre und womöglich schwer nachzuvollziehen, wieviel Zeit für das Dokumentieren der ganzen Erlebnisse investiert werden muß. Es klingt nach "schnell gemacht", die Tagebücher zu schreiben, in Facebook zu veröffentlichen, Gleiches gilt für die Fotos + Beschriftung, die kleinen Videofilmchen und die Newsletter.
Warum mache ich das ganze? Warum wandere ich nicht einfach durch Deutschland und lasse mich überraschen, was passiert? Vielleicht, weil ich gnadenlos egozentrisch bin und viel Applaus für diese Wanderung möchte? Könnte man meinen. Ich hoffe mal, daß diejenigen, die mich kennen, einen anderen Eindruck von mir haben, aber darauf habe ich keinen Einfluß.
Die ganze Tour sollte von Anfang an ein großes Gemeinschaftsprojekt sein, das ohne die Unterstützung von ganz vielen nicht möglich ist (zumindest für mich). Die Frage war: Finde ich Menschen auf den einzelnen Etappen, die einfach mal JA sagen, wo sie auch hätten NEIN sagen können, die ich kennenlernen darf und wo so eine kurze Begegnung beide Seiten ein klein wenig weiter bringt?
Ich habe viele NEIN's gehört, aber unterm Strich bin ich überwältigt und dankbar für die vielen JA's interessanter Persönlichkeiten und die so entstandenen phantastischen Begegnungen. Die Einträge in den beiden Gastgebertagebüchern sprechen für sich. Vor dem Start war das eher ein theoretisches Experiment, das nach wenigen Etappen schon wieder hätte scheitern können. Wenn es trotzdem klappt - zu diesem Schluss kamen Freunde von mir und ich bei der Planung im Vorfeld - dann darf ich sehr dankbar sein und es paßt einfach wunderbar dazu, einen sozialen Zweck mit dieser Tour zu verbinden. Was wir dann auch getan haben. Stand heute sind (immerhin) 2.800€ an Spenden eingegangen. Ohne ein Losgehen, wäre das nicht der Fall gewesen. Das alles wollte ich gerne dokumentieren, für mich als "Gedächtnis" und für den einoderanderen als Anregung, selbst einmal über die Verwirklichung eines "Traums" nachzudenken. Über letzteres würde ich mich sehr freuen.

 


* 186. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 04.10.2011 *
Strecke: Würzburg → Wertheim (27 km) / Gesamtstrecke: 2385 km
Dauer: 7h /
Google Maps 186. Etappe

 

- Alte Connections -
Die heutige Etappe war richtig lang und verlief nicht gerade durch flaches Land. Das beginnende Spessart-Mittelgebirge, mit seinem Auf und Ab machte mir ordentlich zu schaffen (speziell die 2km den Kembacher 12%-Berg hoch war der Hammer), aber wenigstens war das Wetter hervorragend. Da es heute ins schöne Wertheim am Main ging, erinnerte ich mich an die alten Diplomarbeitstage. Die habe ich vor gefühlten 100 Jahren bei der Fa. Vacuubrand verbracht. Andreas - ein Freund aus dieser Zeit, der lange in dieser Firma gearbeitet hat - stellte den Kontakt zu seinem Kollegen Bernd her, der mit seiner Familie in der Nähe von Wertheim wohnt und mich herzlich willkommen hieß. Soviel hatte ich zwar damals nicht mit ihm zutun und es ist auch 15 Jahre her, aber an sein Gesicht konnte ich mich schon noch erinnern.
Bernd hatte eine zünftige Vesper nebst einem „kühlen Blonden“ vorbereitet, die wir uns auf der Terrasse schmecken ließen. Wie viele andere, die ich auf der Tour kennengelernt habe, hatte auch er mit viel Schweiß und Ideen ein tolles Haus gebaut, in dem man sich auf Anhieb wohl fühlt. Später kamen noch seine Frau Maria und die Kids dazu und wir unterhielten uns noch eine Weile über meine Wandererlebnisse, bis mir dann doch recht bald die Augen zu fielen. Es reichte wirklich für heute.

 


* 187. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 05.10.2011 *
Strecke: Wertheim → Aschaffenburg (36 km) / Gesamtstrecke: 2421 km
Dauer: 8,5h /
Google Maps 187. Etappe

 

- Schnauze voll -
Die ursprüngliche Etappenplanung war zwar anders, aber seit meinem Aufbruch in Würzburg freute ich mich ziemlich auf Zuhause. Deshalb wollte ich heute einmal testen, ob ich es bis nach Aschaffenburg schaffen könnte. Am Ende des Tages war ich richtig platt und hatte die allererste Blase am Fuß. Solche Strecken pro Tag während der gesamten Deutschlandtour zu laufen, wäre völlig illusorisch. Keine Chance. Das war auch bei mir recht bald eine Erkenntnis, daß man seinen persönlichen Rhythmus finden muß, um langfristig durchzuhalten.

- Ein Hammer aus katholischem Munde -
Dummerweise hatte ich in Aschaffenburg noch keinen Gastgeber, mußte mich also noch auf die Suche begeben. Ich bekam einen Tipp bzgl. eines Klosters und der örtlichen Feuerwehr, die wohl auch Platz haben sollte. Ersteres existierte leider nicht mehr. Das hätte gut gepaßt, da ich bisher noch in keinem Kloster zu Gast war. Etwas geknickt kam ich zufällig an der Pfarrei St. Agatha vorbei, wo gerade ein älterer Mann seinen Müll zur Tonne brachte. „Na, da versuche ich doch mal mein Glück...“, dachte ich mir und sprach ihn an.
Tja, was soll ich sagen, also Pfarrer Hartlaub schoß den Vogel ab. Nachdem ich ihm kurz erklärt hatte, was ich im letzten halben Jahr gemacht habe und hier in Aschaffenburg gerne seine christliche Gastfreundschaft in Anspruch nehmen möchte, gab er mir doch glatt die Empfehlung (kein Witz!!):
„Gehen Sie mal rüber zu den Evangelen, die sind ja oft großzügiger, als wir.“

GEHT'S NOCH...???????

Ziemlich perplex, über solch einen Ratschlag aus „katholischem Munde“, nahm ich mir seine Empfehlung zu Herzen und ging bei der Ev. Lutherischen Christuskirche vorbei. Dekan Gregori war zwar auf dem Sprung, da er gleich einen Gottesdienst zu leiten hatte, hörte sich aber freundlich meine Geschichte an und empfahl mir, den Gottesdienst zu besuchen. Danach würden wir dann die Übernachtung klären.
Ich setzte mich etwas abseits. Der Dekan begrüßte die Gemeinde und zu meiner Überraschung stellte er mich vor. Ich sollte kurz nach vorne kommen und mein Anliegen vorbringen. Das nenne ich mal Handlungsschnelligkeit. Super! Welch ein Kontrastprogramm zu seinem katholischen Kollegen. Nach der Andacht sprach mich dann auch prompt Klaus an und bot mir eine Unterkunft an.

- Klaus, der Banker mit dem großen Herzen -
Wieder eine außergewöhnliche Bekanntschaft. Klaus ist irgendwie ein bunter Vogel, sehr begeisterungsfähig, er lacht viel, hört sehr interessiert zu und hat selbst schon viel erlebt. Was ich auf den ersten Blick nie gedacht hätte, zeigte sich am kommenden Morgen. Er ist der Leiter der Wertpapierabteilung bei einer Aschaffenburger Bank. Paßte irgendwie gar nicht. Das ist sicher nicht immer leicht für ihn, mit seiner bekennend christlichen Gesinnung. Ich freue mich, ihn kennengelernt zu haben. Toller Typ.

 


* 188. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 06.10.2011 *
Strecke: Aschaffenburg → Karlstein (15 km) / Gesamtstrecke: 2436 km
Dauer: 4,0h /
Google Maps 188. Etappe

 

- Die Heimat ruft -
Da die Strecke heute nach Karlstein überschaubar war, ließ ich vormittags das letzte halbe Jahr nochmal etwas Revue passieren. Viele Erlebnisse und Begegnungen hatte ich gar nicht mehr im aktiven Gedächtnis, sie kamen aber wieder mit dem Durchblättern des Gastgebertagebuchs. Es ist soviel passiert, auf den letzten 2.400 km und nun bin ich wieder kurz vor meinem Zuhause. Ich wollte die letzten beiden Etappen bis nach Frankfurt genießen. Für vieles darf ich dankbar sein. Ob das die Spendengelder, meine verläßliche Gesundheit oder die phantastische Unterstützung der vielen Gastgeber betrifft – es hätte mit etwas Pech auch ganz anders laufen können. Mir fiel auf, daß es einige Kriterien gibt, die für die Verwirklichung eines Lebenstraums wichtig waren und sind. Einige Entscheidungen habe ich im Vorfeld instinktiv getroffen, die sich im Nachhinein als sinnvoll herausstellten. Zu gegebener Zeit werde ich darüber noch etwas detaillierter schreiben.

- Ein Kreis schließt -
Meine heutigen Gastgeber in Karlstein waren Andreas und seine Frau Nora. Eine schöne Sache, da Andreas auch auf meiner allerersten Etappe von Hattersheim nach Mainz dabei war und mich damals am Ende eines Leidenstages sehr unterstützte. Für die Strecke nach Karlstein empfahl sich der schöne Radweg am Main entlang. Ich hatte auch größtenteils wieder Glück mit dem Wetter. Es kam mir mehrfach in den Sinn, daß wir schon auf einem schönen Fleckchen Erde wohnen, was uns aber meist im Alltag nicht bewußt ist. Ich
versuchte wenig zu denken und das Laufen zu genießen. Was nicht heißen soll, daß mir das die ganze Etappe über auch gelang. In Mainaschaff wollte mich mein Wander-Navi auf einem wunderbaren Weglein, entlang der Bahnlinie, bis nach Kleinostheim lotsen. Sah gut aus, bis ich zu dieser Bahnlinie kam. Keine Ahnung, wo das Gerät in der Tiefe seiner elektronischen Schaltkreise hier einen Pfand entdeckt haben will. Ich sah jedenfalls keinen. Das Ergebnis war eine etwas abenteuerliche Route entlang der B8, unter der A3 hindurch. 'Ist ja nicht so, daß es da keine Autos geben würde. Aber letztlich ging alles gut und Andreas, Nora und ich konnten einen angenehmen Abend verbringen.

 


* 189. Tag DEUTSCHLANDTOUR-Tagebuch + Gastgeber-Anfragen / 07.10.2011 *
Strecke: Karlstein → Frankfurt (26 km) / Gesamtstrecke: 2462 km
Dauer: 6,5h /
Google Maps 189. Etappe

 

- Die letzten Meter. Vorerst... -
Die heutige Etappe nach Frankfurt stellte das Schlußstück der Nordschleife meiner Deutschlandtour dar. Hier wollte ich eigentlich einige Tage verweilen, ein Zwischenrésumé ziehen, mit meiner Firma über eine Verlängerung des unbezahlten Urlaubs verhandeln und ein paar Freunde treffen. Letztlich kam es etwas anders. In den letzten Wochen hat mich auch die Überlegung beschäftigt, wie ich das restliche Teilstück in die südlichen Bundesländer finanziere. Die Kalkulation stand nur für den Zeitraum bis zum 31. Oktober und da sich die ursprüngliche Planung im Vorfeld, mit durchschnittlichen Etappenlängen von ca. 25 – 30 km pro Tag, als nicht realistisch herausstellte, klappte auch die gewünschte Zielankunft am 31.10. auf der Zugspitze leider nicht. Noch nicht.
Also haben meine Chefin und ich in einem Telefonat vereinbart, daß ich ab Montag, 9.10.2011, wieder meinem vorherigen Tagwerk nachgehen würde. Daß das nicht ganz einfach wird, nach einem halben Jahr zu Fuß durch Deutschland, liegt wohl auf der Hand. Aber, wer weiß, wofür es gut ist. Ich kann etwas reflektieren, was gut lief und was weniger. Was kann ich auf dem 2. Teilstück besser machen? Wie läßt sich die Zwischenzeit gut nutzen? Ich habe schon einige Ideen. Zu gegebener Zeit werde ich Euch informieren.
Es war heute nochmal eine ziemlich lange Etappe, die mich aber über vertraute Erde führte. Ich hatte beschlossen, gleich mal mit vollem Gepäck bei meinen „Kolleeschn“ vorbeizuschauen und das Wiedersehen war sehr herzlich. Christian und Diana, zwei der „unbeugsamen Gallier“, die mich im letzte halben Jahr toll unterstützten, waren auch da. Die oft gehörte Frage „Na, wie war's?“ läßt sich natürlich auch nicht in einem Satz beantworten. Aber für eine ausführlichere Antwort ist ja jetzt etwas Zeit.
Wie würde es sich wohl anfühlen, die vertraute Wohnungstür zu öffnen? Es war schon eine komische Sache, nach einem halben Jahr wieder mein „Reich“ zu betreten. Es fühlte sich aber gut an, keine Frage.

 

- Kaum ist ein Mieter weg, kommt der nächste -
Das gute Gefühl hatte wohl auch ein Vogel aus der Nachbarschaft. Auf meinem ersten Inspektionsgang durch die Wohnung, sind mir auch die Überreste der „Vandalen“ ins Auge gesprungen, die es sich in meiner Abwesenheit auf dem Balkon gemütlich machten. Links oben auf einem Regal fand ich doch tatsächlich ein Nest aus Reisig. Ein Weißkopfseeadler wird es wohl nicht gewesen sein, was man anhand der flächendeckend verteilten Exkremente jedoch hätte annehmen können. Es galt also erstmal wieder anzukommen und Wohnung + Balkon auf Vordemann zu bringen. Bei der Gelegenheit hatte ich das starke Bedürfnis, auszumisten. Letztendlich sind fünf Säcke mit Altkleidern und diversen Sachen, die schon dreimal mit umgezogen sind, rausgeflogen. Eine durchaus befreiende Sache.

So, und wie geht es weiter?

Laßt Euch überraschen...

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